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Niederländisches Seerecht 209 Basiert nun das Handelsrecht, das Seerecht auf spezifisch in Amsterdam geschaffenemRecht? Zwei Bemerkungen: 1. Im Jahre 1636/37 hat Grotius eine Geschichte der Goten, Vandalen und Langobarden geschrieben. Das Buch ist imJahre 1655 —10 Jahre nach dem Tode Grotius — erschienen. 1670 erschien eine schwedische Uebersetzung „Norlandz Chronika och Beshriffning“. 1746 erschien das Werk in Marburg mit dem Titel „De veteri iure Germanico et Svecico commentariolum“. In diesem Werk sagt er, dass in Bezug auf das Seerecht die Regeln der Insel Gothland so gut seien und so der Billigkeit (aequitas) dienen, dass alle Nachbarn amMeer und amOzean diese Regeln als Völkerrecht gebrauchen ,velut gentium iure‘. Es ist deutlich, dass de Groot hier das Seerecht von der Hauptstadt Wisby lobt. War das nur Höflichkeit des grossen Mannes dem Kanzler Axel Oxenstiernagegeniiber, dem das Werk gewidmet ist? 2. Noch im Jahre 1800 wurden in Leiden Vorlesungen auf Grund des Buches iiber das holländischen Recht von Grotius gehalten. Das Vorlesungsdiktat des Leidener Professors van der Keessel ist erhalten geblieben und kiirzlich in Sud-Afrika — ein ,Roman Dutch Law country* — veröffentlicht worden. Der Professor lehrt uns, welche Quellen im Jahre 1800 fiir die Praxis des Seerechts noch von Belang sind. Das sind die Gesetze von Kaiser Karl (1551) und König Philipp (1553); die Gesetze von Amsterdam und Rotterdam und , . . die Wisbyschen Seerechte. Als 1790 der Gouverneur der Westindischen Insel St. Eustachius von einer Komission gefragt wurde, welches Seerecht da Giiltigkeit habe, war die Antwort, dass die Wisbyschen Seerechte und die Gesetze des Königs und des Kaisers und die Lokalrechte der Städte (d.h. Amsterdam und Rotterdam) befolgt wurden (A. Telting, Die altniederländischen Seerechte, Den Haag 1907, p. XVI). Die zwei Bemerkungen zusammenfassend kann man sagen, daB Grotius nicht nur höflich gegeniiber dem Kanzler Oxenstierna war. Er war auch, alien Anschein nach, wissenschaftlich korrekt, als er die Bedeutung des Rechts von Wisby fiir das europäische Seerecht hoch einschätzte. Und jetzt zumSeerecht von Wisby, das mit den ,roles d’Oleron* und dem Consular die drei Grossen auf demGebiet des Seerechts in Europa darstellt. Woher kennen wir es, und was ist der Inhalt? Die älteste gedruckte Ausgabe ist —meines Wissens —noch immer die von Kopenhagen Anno 1505. Nach der niederländischen Literatur soil imJahre 1515 der Erzbischof von Lund ein Exemplar ,pro usu sedis Lundinensis* erhalten haben. Im 16. Jahrhundert wurde es in Liibeck und Hamburg und auch in den Niederlanden gedruckt. Der Nachweis findet sich im Corpus juris des schwedischen Justinian Schlyter (Band VIII). 14

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