Die hanseatischen Seerechte 111 Reste der ehemals genossenschaftlich organisierten Seefahrt zeigen sich in der Einrichtung des Schiffsrates, der in Anlehnung an das Wisbysche Seerecht nur noch imHamburgischen Stadtrecht erwahnt wird. soil zusammen mit dem Schiffer iiber den giinstigsten Zeitpunkt zum Aussegeln, iiber die Durchfiihrung von Reparaturen nach einem Schiffbruch und beimSeewurf beraten. Dieser 221 2. Das Abdingen mid Doppelvermieten von Seeleuten Ein interessantes Beispiel fiir eine rechtliche Angleichung im Hanseatischen Seerecht bieten die Bestimmungen iiber das Abdingen und die Doppelvermietung von Seeleuten. Fiir den Fall, daB ein Schiffer einen bereits anderweitig angeheuerten Seemann abwarb, folgten die Lubecker Stadtrechtshandschriften des 15. und 16. Jahrhunderts demPrioritätsprinzipDer abgedungene Bootsmann war dem ersten Schiffer zu iibergeben und muBte auf dessen Schiff unter Verlust der Heuer nur auf Gnade dienen. Dariiber hinaus hatte der abwerbende Schiffer an den ersten Schiffer eine BuBe zu zahlen und zwar in Höhe der Heuer, die der erste Schiffer dem abgeworbenen Seemann gelobt hatte. Diese Bestimmung entstammte der Lubecker Schiffsordnung aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts.^^^ Sie fand auch Eingang in das Wisbysche Seerecht.Aus dem Liibischen Recht oder dem Wisbyschen Seerecht wurde sie imJahre 1603 wörtlich in das Hamhurgische Stadtrecht aufgenommen. Im Gegensatz dazu entschied sich das Hansische Recht in der Schiffsordnung von 1591 fiir die Anwendung des Posteriorit'dtsprinzipsr-^ Der zweite Heuervertrag war giiltig und voll zu erfiillen. Der abgeworbene Seemann hatte jedoch an den ersten Schiffer als BuBe die Halfte der Heuer zu zahlen, die ihmvon diesem gelobt war. Obendrein hatte der abwerbende Schiffer eine Strafe von 10 Talern zu entrichten, davon die Hälfte an die Obrigkeit, den anderen Teil an die Schiffergesellschaft. Diese Vorschrift wurde unverändert vom Hansischen Seerecht von 1614 ubernommen.“^^ Einen dritten Weg ging nun das LUbecker Seerecht von 1586.“^® Bei der 225 WisbySR A. 14, 37, 38. HambStR 1603 XIV3, 6; XVI 1. Brokes (Fn. 31), Kodex II: Art. 122, Kodex III: Art. 289. LiibSchO 14. Jh., A. 1 (vgl. Hack, Kodex III A. 214). 224 WisbySR A. 1. 225 HambStR 1603 XIV 19. 226 HansSR 1591 A. 49. 227 HansSR 1614 IV 2. LubStR 1586 I 3. 220 221 222 223 228
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