Die hanseatischen Seerechte 97 fällig wird, während beim Einzelriicktritt die Seereise im Interesse der anderen Befrachter durchgefiihrt werden muB. In diesem Fall muB sich der Schiffer auf seine Frachtlohnforderung jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er durch die Ladung anderer Frachtgiiter ersatzweise verdient hat. Nicht ausdrucklich geregelt ist dagegen der Fall, daB der Befrachter eines ganzen Schiffes vor Reiseantritt vom Frachtvertrag zurucktritt. Dem Sinnzusammenhang der Bestimmungen wurde es an sich entsprechen, daB in diesem Fall ebenfalls nur die halbe Fracht zu zahlen wäre. Demgegeniiber findet sich im Flansischen Seerecht von 1614 jedoch der Hinweis, daB „der Kaufmann oder Frachter die zugesagte Fracht nichts weniger zu bezahlen schuldig sey“, wenn „der Schiffer samt oder zum Theil ledig fahren muBte“.^^^ Der Schiffer seinerseits kann sich vom Vertrag mit einem Befrachter lossagen und die Reise antreten, wenn der Kaufmann zum vereinbarten Termin nicht einschifft. Er behält dann den vollen Frachtlohnanspruch und muB sich lediglich das anrechnen lassen, was er an Stelle der entgängenen Fracht verdient oder zu verdienen unterlassen hat.^^^ c) Schiffbruch Erleidet das Schiff Schiffbruch und gehen dabei geladene Giiter unter, so wird fiir die verlorene Ladung keine Fracht geschuldet.“^ Wird aber Gut gerettet und an das vereinbarte Ziel gebracht, dann ist die voile Fracht zu zahlen.Kann der Schiffer das gerettete Gut nicht an den Bestimmungsort transportieren, dann erhalt er nach dem Liibecker Seerecht von 1586 den halhen FrachtlohnM^ Diese Bestimmung ist aus dem älteren Liibischen Recht des 13. Jahrhunderts iibernommen. Nach dem Hamburgischen Recht von 1603 muB der Kaufmann dagegen Distanzfracht „pro rata des Weges“ bezahlen oder er kann „das Gut fiir die Fracht liegen lassen“.^^® Diese Regelung findet sich in ähnlicher Gestalt bereits im HanserezeB von 1447.^^’ Eigenartiger Weise folgt dem nicht das Hansische Recht von 1614, das vielmehr wörtlich die Bestimmung des Lubecker Stadtrechts iibernimmt.^^® Später hat sich jedoch ganz allgemein in der Rechtsprechung der hansestädtischen Seegerichte die Distanzfrachtregelung durchgesetzt. 11» HansSR 1614 V 5. 112 HambStR 1603 XV5; HansSR 1614 V 5. 11* LubStR 1586 III 2; HansSR 1614 IX2. 11^ LubStR 1586 III 2; HansSR 1614 III 17, IX 2. 11* LubStR 1586 III 1. 118 HambStR 1603 XIV3, XVII 2. 1” HansRez 1447, § 94. 118 HansSR 1614 IX 1. WilhelmEbel: Liibisches Kaufmannsrecht (o. J. [1951]), S. 65 ff. (76 f.). 119 119
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