1809 ÅRS REGERINGSFORM 67 laut von § 16 »ein prozessuales und am chesten ein strafprozessuales Verfahrcn» die Zulässigkeitsvoraussetzung fiir administrative Freiheitsentziehungen biide. 1st diese Lehre richtig, diirfte der Inhalt von § 16 kaum mit dem geltenden Recht zur Zeit des Zustandekommens der Verfassung harmonieren. Von 1809 bis heute hat sich der Abstand insbesondere hinsichtlich des Rechts der verschiedenen Freiheitsentziehungen eher noch vergröfiert. In der Lehre ist versucht worden, diesen schcinbaren Gegensatz durch eine Konstruktion zu uberbriicken, nach der letztlich der »soziale Zweck» der MaBnahme iiber die Frage entscheide, ob ein Eingreifen nur unter den in § 16 aufgezählten Voraussetzungen zulässig sei. Bevor dieses Problem in Angriff genommen wird, muB die Frage gestellt werden, warum 1809 der etwas diffuse Begriff »persönliche Freiheit» in einen Verfassungstext eingefiigt worden ist, der in mancherlei anderen Punkten unmittelbare Vorbilder in älteren schwedischen Verfassungstexten hat. Nach einer In der Lehre vertrctenen Ansicht steht die Einfiigung In engem historischen Zusammenhang mit der Entwicklung der Strafformen zu jener Zeit — der Zuriickdrängung der Körperstrafen und dem Vordringen der Freiheitsstrafe. Die vorliegende Untersuchung diirfte ergeben, daB diese Ansicht keinen Bestand haben kann. Das Schutzbediirfnis des Individuums stand vielmehr ganz allgemein Im Blickpunkt des Interesses in den Naturrechts- und Gewaltenteilungslehren des 18. Jahrhunderts und den aus ihnen hervorgegangenen ausländischen Verfassungsurkunden. Die negativen Erfahrungen der schwedischen Gcschichte des 18. Jahrhunderts, der »Freihcitszeit», hatten deutllchgemacht, daB das Freiheitsinteresse des Einzelnen nicht nur In Zeiten absoluter Monarchie unterdriickt werden konnte. »Freiheit» war 1809 ein Modewort, das ständig im Munde gefiihrt wurde. Es ist deshalb keineswegs erstaunlich, daB es in die damals ausgearbeitete Verfassung Eingang fand —nicht zulctzt auch, weil man nachweisen kann, daB der Begriff »persönliche Freiheit» in einem sorgfältig durchdachten und prägnant formulierten naturrechtlichen System einen spezifischen Platz einnimmt, das Axel Gabriel Silverstolpe, einer der Väter der Verfassung von 1809, in seiner Schrift »Försök till utveckling af Grunderna för Svenska Regerings-Sättet» (Stockholm 1812) nur wenig später vorlegte. Der Begriff »persönliche Freiheit» wird hicr von Silverstolpe als »Freiheit der Tat» bestimmt. Die persönliche oder natiirliche Freiheit diirfte mit dieser Begriffsbestimmung in erster Linie die körperlicbe Bewegungsfreiheit bezeichnet haben, die nicht von dem besonderen Verbot des Hausfriedensbruches und der Landesverweisung umfaBt wurde. Man kann jedoch die Frage stellen, inwiewelt der Begriffsinhalt damit erschöpfend umschrieben ist. Möglicherweise wird die gemeinte Freiheit der Tat besser, aber unzweifelhaft auch weiter als »physische Handlungsfreiheit» umschrieben. Die in § 16 der Verfassung von 1809 verwendete Formulierung »lagligen förvunnen och dömd», Im Deutschen nur schwer mit den Worten »gesetzlich oder durch Urteil auferlegt» wiederzugeben, läBt den Leser heute vor allem an ein strafprozessuales Verfahren denken. Ein kurzer historisch-terminologischer Riickblick zeigt jedoch, daB das Wort »döma», »verurteilen», im 17., 18. und 19. Jahrhundert keineswegs nur im eigentlichen Gerichtsverfahren, sondern verhältnismäBig häufig auch im Bereich der staatllchen und kommunalen Verwaltung verwendet wurde. Uberhaupt diirften Versuche einer materiellen, formellen und organisatorischen Grenzbestimmung zwischen judizieller und administrativer Tätigkeit im 17. und 18. Jahrhundert schwierig und sogar unhistorisch seln. Unter den Uberschriften »Aufnahme von Minderjährigen in KInderhäuser»>
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