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Gunter Gudiak 226 den sich zumBeispiel sein groBer Gegner Thibaut zeitlebens mit Erbitterung, wehrted® Man spricht heute — wenn auch nicht immer treffend — von philosophischer Schule. Die Anhänger der philosophischen Schule haben^ alien voran der schon genannte, wegen seines praktischen Sinns beruhmte Heidelberger Professor Anton Friedrich Justus ThibautJ^ in den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts einen zumindest ebenso groBen, wenn nicht sogar noch gröBeren EinfluB auf die Praxis gehabt als die sich eben erst formierende Historische Schule. Letztere war schlieBlich zu Anfang wenig mehr als ein Programm, wenn auch durch Savignys beruhmte Monographic „Das Recht des Besitzes“ (1803) exemplifiziert. Zusammenhängende Darstellungen von mittels der neuen Methode erarbeiteten Ergebnissen erschienen erst ab dem Ende der dreiBiger Jahre, darunter auch Savignys allerdings nur den Allgemeinen Teil behandelndes ,,System des heutigen römischen Rechts“ (1840—1849) sowie sein Obligationenrecht (1851/53). Der die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts beherrschende Streit zwischen den Anhängern der Historischen Schule und ihren Gegnern war indes mehr theoretischer als praktischer Natur. Gerade von Thibaut ist eine „Verschiedenheit der praktischen Resultate, in Beziehung auf die wissenschaftliche Behandlung des Vorhandenen“, entschieden in Abrede gestellt worden.^^ Demstimmte schlieBlich auch der späte Savigny zu: ,,Alles Gelingen Wissenschaft beruht auf dem Zusammenwirken verschiedener in unsrer Geistestätigkeiten. Um eine derselben, und die aus ihre vorzugsweise entspringende wissenschaftliche Richtung, in ihrer Eigentumlichkeit zu bezeichnen, war friiher von mir und anderen arglos der Ausdruck der historischen Schule gebraucht worden“ usw. Die zwischen den Anhängern der So vor allem in seiner Rezension dcs in Anm. 9 genannten Aufsatzes in: Heidelbergischc Jahrbucher der Literatur, Nr. 42, 1815, S. 657 ff. ( =Thibaut und Savigny, S. 270), sowie in seinem riickblickenden Beitrag „Ober die sogenannte historische und nicht-historische Rechtsschule», in: Archiv fiir die civilistische Praxis 21, 1838, S. 391 ff. ( =Thibaut und Savigny, S. 283 ff.). " 1772—1840. Vgl. Stintzing—Landsberg III 2 Text, S. 69—88. Eine Wiirdigung aus neuer Sicht bringt Hattenhauer in seiner Einfiihrung zu „Thibaut und Savigny" (s. Anm. 6), S. 10—20. Aber schon Landsbergs Urteil war durchaus positiv (S. 82 f.). Thibauts „System des Pandektcnrechts" von 1803 erlebte mit insgesamt 9 Auflagen einen ungeheurcn Erfolg und begriindete den Typ des Pandektenlehrbuchs, der fiir das ganze 19. Jahrhundert bestimmend bleiben sollte (Landsberg, S. 86). Reimund Scheuermann, Einfliisse der historischen Rechtsschule auf die oberstrichterliche gemeinrechtliche Zivilrechtspraxis bis zum Jahre 1861, 1972, S. 55, nennt — neben Thibaut — vor allem Mackeldey und Schweppe. Im Gegensatz zur h. M. spricht Erich Döhring, Gcschichte der deutschen Rechtspflege seit 1500, 1953, S. 337 ff, den philosophischen Juristen sogar sowohl fiir ihre Zeit wie auch fiir die weitere Entwicklung cine gröBere Bedeutung zu als der Historischen Schule. Ober die sogenannte historische und nicht-historische Rechtsschule (s. Anm. 9) ( =Thibaut und Savigny, S. 275).

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