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Gunter Gudian 224 besondere Rolle. „Die Intensität der Wirkung Savignys ist in der Tat so gewaltig, daB wir mit seinem Auftreten eine neue Epoche zu beginnen haben“.^ Diese Epoche endete erst mit den 1. Januar 1900, dem Tag des Inkrafttretens des deutschen Burgerlichen Gesetzbuches (BGB).^ Wie bei alien groBen Figuren der Geschichte ist es auch bei Savigny schwer, eine genaue Trennungslinie zu ziehen zwischen dem, was er vorgefunden und ubernommen, und dem, was er selbst dazu beigetragen hat. Die Frage nach der Herkunft der einzelnen Elemente einer bestimmten Lehre ist indes fiir die Beurteilung ihrer Wirkung von nur geringem Wert. Das prägende Moment einer bestimmten Persönlichkeit ist zudem oft mehr darin begriindet, daB sie sich zum iiberzeugenden Wortfiihrer zeitgenössischer Vorstellungen macht; “ die schöpferische Fähigkeit kommt dann allenfalls noch die Autoritat verstärkend hinzu. Was die Historische Schule genau war und welche Anliegen sie verfolgte, ist schwer darzustellen, weil ihre Anhänger trotz eines gewissen, gemeinsam gebrauchten Vokabulars im einzelnen doch mitunter sehr verschiedener Auffassung waren. Dies gilt insbesondere fiir das Verhältnis zwischen Savigny und seinen Schiilern auf der einen und den sogenannten Germanisten auf der anderen Seite. Gehen wir zunächst von den zeitgenössischen Schlagworten aus, die sich auch Savigny bis zu einem gewissen Grade zu eigen machte. Danach verstand sich die Historische Schule als Absage an den das vorangegangene Jahrhundert beherrschenden Glauben an ein Recht, das „in reiner Abstraktion fiir alle Völker und alle Zeiten 1808 in Landshut, 1810 in Berlin (bis 1842), 1842—1848 preuBischer Minister fiir Gesetzgebung. Das Schrifttum iiber Savigny ist uniibersehbar, an dieser Stelle sei daher nur auf Stintzing—Landsberg III 2 Text, S. 186—253, und Erik Wolf, GroBe Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte, 4. Aufl. 1963, S. 467—542, verwiesen. Gerhard Wesenberg—Gunter Wesener, Neuere deutschc Privatrechtsgeschichte, 3. Aufl. 1976, S. 156. Ebenso Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit (Anm. 2), S. 367 ff. Vgl. ferner Wieackers Wiirdigung der Persönlichkeit und Wirkung Savignys auf S. 383. ^ Ihre Auswirkungen haben freilich den 1.1.1900 iiberdauert. Insofern kann man, wcnn man unbedingt will, auch mit Larenz und anderen sagen, Savigny habe eine Epoche der Rechtswissenschaft eingeleitet, „in der wir uns noch befinden“ (Karl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Aufl. 1979, S. 8). ® So schon Otto v. Gierke, Die historische Rechtsschule und die Germanisten, 1903 (Neudruck 1973), S. 6: „Gerade in der von ihm (Savigny) gepragten Fassung bemächtigte die neue Lehre sich der empfänglichen Geister." Vgl. ferner Hans Hattenhauers Charakteristik in seiner Einfiihrung zu „Thibaut und Savigny — ten", 1973, S. 46: Savigny „war vielmehr der einzige, der hatte, das politische Bekenntnis des Konservatismus geistvoll zu formulieren . . ., iiberzeugend im Riickgriff auf die groBen Schlagwörter der Zeit" usw. Diese politische Einordnung Savignys wird heute allerdings wieder zunehmend bestritten, vgl, nur Gerhard Dilcher, Der rechtswissenschaftliche Positivismus, in: Archiv fiir Rechts- und Sozialphilosophie 61, 1975, S. 497—528, vor allem S. 501 und 515, Anm. 52. Ihre programmatischen Schrifum diese Zeit die geistige Kraft

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