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Bernhard Diestelkamp 212 iiber zur Auflösung der iiberkommenen föderalistischen Struktur Deutschlands. Die Nationalsozialisten begniigten sich nach der Maclitergreifung am 30. Januar 1933 vollends nicht damit, die staatlichen Positionen, die sie vorfanden, zu besetzen und in ihrem Sinne umzuformen,^^ sondern sie bildeten das Reich um zu einem zentralistischen Einheitsstaat.^® Durch Reichsgesetz vom 30. Januar 1934 wurden die Volksvertretungen der Länder aufgelöst und die Hoheitsrechte der Länder auf das Reich iibertragen.^® Seitdem gab es nur noch die gesetzgebende Gewalt des Reiches, was sich zunächst in einer enormen Steigerung der Gesetzespublikationen im Reichsgesetzblatt niederschlug.^” Doch ist dies nicht mehr mit den Zahlen der Weimarer Republik vergleichbar, weil gleichzeitig —woriiber noch zu sprechen sein wird — die Exekutive legislatorische Funktionen iibernahm und damit den Reichstag als traditionelles Gesetzgebungsorgan des Reiches iiberspielte. Als im Jahre 1949 die Bundesrepublik gegriindet wurde, war sie ein ZusammenschluB der schon vor ihr errichteten Länder.^^ Das in einemföderalistischen Bundesstaat vorgegebene Problem der Abgrenzung der Gesetzgebungsrechte des Ganzen von dem der Teile stellte sich erneut. Der Parlamentarische Rat baute das in der Weimarer Verfassung entwickelte System weiter aus und legte Kataloge der ausschlieBlichen und der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes fest,^^ die um die Rahmengesetzgebungskompetenz ergänzt wurden.Wiederum ging man davon aus, daB den Ländern alle legislatorischen Kompetenzen zustehen, soweit sie nicht ausdriicklich dem Bund zugeschrieben sind.'^^ Gleichwohl ist nicht zu iibersehen, daB sich sowohl qualitativ als auch quantitativ das Schwergewicht der Gesetzgebung heute eindeutig zum Bundestag hin verlagert hat. Kam der Katalog der Weimarer Reichsverfassung fiir die ausschlieBliche Gesetzgebung noch mit 6 Positionen aus, so benötigt das Grundgesetz dafiir Vgl. Bracher (wie Anm. 5), Bd. 1 S. 90 ff., Gerhard Schulz, Die Anfänge des totalitären MaBnahmestaates (wie Anm. 5), Bd. 2, S. 64 ff. Vgl. Bracher (wie Anm. 5), Bd. 1, S. 90 ff., 190 ff.; Schulz (wie Anm. 37), Bd. 2, S. 80 ff., 119 ff., 124 ff., 254 ff. Text; Gesetz iiber den Neuaufbau des Reiches, Reichsgesetzblatt I 1934, S. 75. Der Titel lautete bis zuletzt unverändert „Reichsgesetzblatt“. 1935: 153 Gesetze, die sich also solche bezeichneten. Vgl. Alfred Grosser, Geschichte Deutschlands seit 1945. Eine Bilanz, 7. Aufl. 1979; Bernhard Diestelkamp, Rechts- und verfassungsgeschichtliche Probleme zur Friihgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. In: JuS 20, 1980, S. 405; S. 792 ff. Artikel 71, 73 GG. « Artikel 72, 74, 74 a GG. Artikel 75 GG. « Artikel 70 GG. ^6 Artikel 16 WRV. 38 39

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