Die DEUTSCHE Reichsgesetzgebung 211 tionen gehörten.^® Doch geben sie ein anschauliches Bild von den geringen legislatorischen Möglichkeiten des Reichstages. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie wurde 1919 in der Weimarer Reichsverfassung die Stellung des Reiches gegeniiber den Ländern verstärkt, was sich auch auf dem Gebiet der Gesetzgebungskompetenzverteilung auswirkte.2® Man unterschied nunmehr zwischen der ausschlieBlichen Gesetzgebung des Reiches, bei der sich 6 Punkte des alten Kataloges wiederfinden,^^ und der konkurrierenden Gesetzgebung,^® fiir die die Länder das Gesetzgebungsrecht behielten, solange und soweit das Reich von seinem Recht keinen Gebrauch machte.^® Von den 20 Positionen dieses Kataloges gab es nur 8 in der Verfassung des Kaiserreiches.®® Bedeutungsvolle Materien wie das Armenwesen, Bevölkerungspolitik und Fiirsorge, Arbeitsrecht, Enteignungs- und Sozialisierungsrecht sowie die Ordnung von Gewerbe und Bergbau bezeugen die Verlagerung der Zuständigkeit von den Ländern auf das Reich, auch wenn man immer noch vom Grundsatz ausging, daB das Recht der Gesetzgebung prinzipiell den Ländern zustehe.®^ SchlieBlich gab es in der Weimar Reichsverfassung noch die Kategorie der Rahmengesetzgebung.®® Auf diesen Gebieten konnte der Reichstag nur einheitliche Grundsätze festlegen, deren Einzelausgestaltung dann den Ländern oblag. Immerhin wurde diese Rahmenkompetenz des Reiches fiir Gebiete geschaffen, die im föderalistischen System Deutschlands traditionell als zentrale Aufgaben der Länder galten wie z.B. das Schul- und Hochschulwesen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder das Beamtenrecht.®^ Dementsprechend, aber auch weil die regelungsbediirftigen Fragen zugenommen hatten, steigerte sich der AusstoB der Gesetze, die vomReichstag beschlossen und dann imReichsgesetzblatt verkiindet wurden, auf durchschnittlich 120 Stiick pro Jahr.®® Die Präsidialdiktatur während der Endphase der Weimarer Republik nach dem 18. Juli 1930®® leitete auch auf dem Gebiet der Gesetzgebung Vgl. z.B. Anm. 1—4. Text: vgl. Huber, Dokumente (wie Anm. 11), Bd. 3, 1966, S. 129 ff., Nr. 154, Artikel 6—12. Artikel 6, Ziffer 1—7. 28 Artikel 7, Ziffer 1—20, Artikel 8. 2® Artikel 12. 8® Artikel 7, Ziff. 1, 2, 3, 4, 6, 8, 14, 19. 81 Artikel 7, Ziff. 5, 7, 9, 11, 12, 13, 16. 82 Artikel 12 „. . . behalten die Länder das Recht der Gesetzgebung." 88 Artikel 9—11. 81 Artikel 10, Ziff. 2, 3; Artikel 9 Ziff. 2. 88 Der Titel des Verkiindungsorgans blieb unverändert „Reichsgesnzblatt". 1920: 117 —1925: 124 — 1930: 98. 8® Vgl. Bracher (wie Anm. 5), Bd. 1, S. 57 ff., bes. S. 66 ff. 26
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