Bernhard Diestelkamp 210 eine vereinheitlichende Normierung unabweislich war.-® Wie schonend Bismarck dabei mit dem EigenständigkeitsbewuBtsein der Bundesstaaten umgehen muBte, zeigt sich am deutlichsten daran, daB die Bundesgesetzgebung nicht etwa das ganze Burgerliche Recht umfassen sollte, sondern sich —abgesehen vom Handels- und Wechselrecht —nur auf das Obligationenrecht beschrankte. Dieser Katalog der Reichsgesetzgebungskompetenz ging auch in die Verfassung des Kaiserreiches vom 16. April 1871 ein.-^ Er wurde nur um das Presse- und Vereinsrecht erweitert.^- Andere, durchaus als notwendig empfundene Erweiterungen konnten dagegen nicht durchgesetzt werden. Es bedurfte wiederholter VorstöBe im Reichstag, um in der beriihmten ,Lex Lasker‘ dem Reich durch Gesetz vom 20, Dezember 1873 „Die gemeinsame Gesetzgebung fiir das gesamte burgerliche Recht . . zukommen zu lassen,womit iiberhaupt erst die Voraussetzungen fiir die Arbeit am Biirgerlichen Gesetzbuch geschaffen wurden, Angesichts dieser Kompetenzverteilung ist es nicht verwunderlich, daB die Zahl der Reichsgesetze im Kaiserreich nicht sehr groB ist. Eine Stichprobe der im Reichsgesetzblatt verkiindeten Gesetze des Reichstages offenbart einen Schnitt von 20 Verkiindungen im Jahr mit einem Maximum von 27 Gesetzesverkiindungen.^^ Natiirlich sagen diese Zahlen nichts aus iiber die Bedeutung der Gesetzgebung, zu der immerhin umfassende und grundlegende Kodifika- -® Artikel 4: Ziffer 5, 6: Urheber- und Erfinderrechte. Ziffer 11: Wechselseitige Vollstreckung von Urteilen. Ziffer 13: Obligationsrecht, Strafrecht, Handels- und Wechselrecht, gerichtllches Verfahren. Text: Huber, Dokument (wie Anm. 11), Bd. 2, S. 189 ff. Nr. 218. Artikel 4, Ziff. 16. ^ Vgl. dazu die neueste Darstellung durch: Werner Schubert, Entstehungsgeschichte des Burgerlichen Gesetzbuches. In: Die Beratung des Burgerlichen Gesetzbuches in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen. Bd. 1, Materiallen zur Entstehungsgeschichte des BGB. 1978, S. 27 ff. Das Publikationsorgan begann mit dem Titel: Bundcsgesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1867. Ab 1871 hieB es dann: Reichs-Gesetzblatt. Die Stichproben in fiinfjährigem Abstand ergaben folgende Zahlen: 1870: 27 — 1875: 25 — 1880: 13 — 1885: 19 — 1890: 18 — 1895: 21 — 1900: 27 — 1905: 24 —1910: 22 —1915: 14. Eine reine Aufzählung der jährlich im Gesetzblatt vorgenommenen Veröffentllchungen der Jahre 1867—1925 findet sich im Anhang (S. 7) zum ,Entwurf elnes Gesetzes iiber die Sammlung des Reichsrechts*. In: Verhandlungen des Reichstages, III. Wahlperiode 1924, Bd. 410, 1926, Nr. 2584. Diese Statistik weist — ohne inhaltliche Differenzierung — 11.140 Veröffentllchungen aus, von denen im Jahre 1925 aber nur noch 2.890 fiir aktuell und weitere 240 fiir iiberpriifungsbediirftig gehalten wurden.
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