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208 Bernhard Diestelkamp welcher Materien sich der Reichsgesetzgeber angenommen hat, wobei der jeweilige Zeitpunkt relevant ware. Ebenso wäre einnial zu analysieren, wie das allmahliche Anwachsen der Gesetzesflut historisch einzuordnen und zu interpretieren ist.*^ Doch die deutschen Rechtshistoriker haben das weite Feld der modernen Gesetzes- und Gesetzgebungsgeschichte bestenfalls gerade als ihre Domäne entdeckt und zu erschlieBen begonnen. Der abzugebende Bericht wird sich daher bescheiden mit den Problemen der Zuständigkeit und des Gesetzesbegriffs als besonders wichtigen Momenten der Reichsgesetzgebungsgeschichte. 2. Die Gesetzgebungskompetenz des Reiches In Artikel 20 Absatz 1 des Bonner Grundgesetzes heiBt es: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Diese föderalistische Grundstruktur Deutschlands ist nicht ein Produkt der Nachkriegszeit sondern spätestens seit dem Westfalischen Frieden von 1648 vorgezeichnet. Nach der Auflösung des Heiligen Romischen Reiches Deutscher Nation imJahre 1806 gelang es nicht einmal, eine bundesstaatliche Ordnung auf deutschem Boden zu errichten. Vielmehr schuf Metternich auf dem Wiener Kongress den Deutschen Bund als Staatenbund,^® dessen Bundeszweck, wie es in Artikel 2 der Deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815 heiBt,allein „auf Erhaltung der äuBeren und inneren Sicherheit Deutschlands und der Unabhangigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten“ gerichtet war. Folgerichtig war nach Artikel 6 die BeschluBfassung der Bundesversammlung beschrankt „auf Beschliisse, welche die Bundes-Acte betreffen, auf organische Bundes-Einrichtungen und auf gemeinniitzige Anordnungen sonstiger Art.“. Die in Frankfurt zusammenkommenden Gesandten der deutschen Staaten hatten damit nur eine sehr eng umgrenzte Normsetzungsbefugnis fiir das Ganze.^^ Die normale Gesetzgebungskompetenz lag vielmehr ganz selbstverständlich als Bestandteil der Souveränität bei den Bundesstaaten. Als auf einigen Rechtsgebieten das Bediirfnis nach einheitlicher Normierung fiir ganz Deutschland iibermächtig wurde, konnten die Wechselordnung (1848) oder das Handels- ® Dieses Phanomen ist iiberhaupt erst neuerdings ins Blickfeld der Wissenscliaft — wenn auch nicht der Geschichtswissenschaft — geriickt. Vgl. Wolfram Wette, Die Expansion der Gesetzgebung des Bundes. In: Politische Studien, 18. Jg. 1967, S. 663 ff.; Spiros Simitis, Informationskrise des Rechts und Datenverarbeitung, 1970, S. 9 ff., HeinRICH Honsell, Vom heutigen Stil der Gesetzgebung, Salzburger Universitätsreden H. 67, 1979, bes. S. 7 ff. Vgl Huber (wie Anm. 3), Bd. 1, 2. Aufl 1957, §§ 27 ff, 33 ff. Text der Bundesakte: Ernst Rudolf Huber, Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1, 1961, S. 75 ff. Nr. 29. Vgl. Huber (wie Anm. 3), Bd. 1 § 34 II. Besonders beachtenswert die Repressionsgesetze: Bd. 1 §§ 42, 43; Bd. 2, 2. Aufl. 1960, §§ 13, 14.

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