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reinhard härtel geführten Carta von 847 durch eine Frau (ancilla dei) im Jahre 847 stellt einen einsamen Ausnahmefall dar.69 In den notariellen Urkunden des Südens finden wir auch manchen Niederschlag des römischen Rechts oder besser vielleicht: Die tatsächlichen Verhältnisse konnten in der Sprache des römischen Rechts ausgedrückt werden. Das gilt für Verweise auf die altrömischelex Falcidia,welche freien Verfügungen gewisse Grenzen setzte. Das Bemerkenswerte am konkreten Fall von 1146 ist, dass die Familie des Testators gar nicht nach römischem, sondern nach langobardischem Recht lebte und dass die lex Falcidiafür diese Familie also gar nicht maßgeblich war.70 Diese Urkunden enthielten also erbrechtlich-gelehrten Aufputz am falschen Platz. Von eigenen Formularen für Testamente ist aber auch im Süden nichts zu merken, obwohl die Notarstheorie das Testament vielfach als eigene Dokumenten-Kategorie behandelt hatte. Mehrfach ist auch im Süden ein Testament nicht als selbstständige Urkunde erhalten, sondern nur indirekt. So konnte 1211 Rupert von Tricano zusammen mit seinen Söhnen urkundlich versprechen, das Testament seines soeben bestatteten Bruders einzuhalten, welches dieser am letzten Tag seines Lebens errichtet hatte. Hierbei wurden dann auch die nötigen Details ausgeführt.71 In älterer Zeit konnte ein mündliches Testament bis zu seiner Verschriftung aber noch viel kompliziertere Wege durchlaufen. 1185 erklärte in Cividale ein Ulrich Rupart auf dem Totenbett, er sei zugegen gewesen, als Berthold von Albana – auch dieser erst auf dem Totenbett – dem Kapitel von Cividale Güter geschenkt hätte. Das war also ein Zeugnis auf dem Totenbett über eine ältere Verfügung eines Dritten auf dem Totenbett. Wohl deshalb hielt man es auch nötig, dieses Zeugnis aus zweiter Hand in Gegenwart von vier eigens dazu bestellten Boten des Patriarchen und dazu noch weiteren Zeugen festzuhalten.72 69 Wie oben Anm. 33. 70 Dieser Umstand geht zwar aus der Urkunde selbst nicht hervor, wohl aber aus einer kurz darauf ausgestellten und sachlich unmittelbar zugehörigen Urkunde: Härtel 1985, S. 84– 86 Nr. U 10 und U 11, mit Abbildungen Härtel 2011, S. 351–356 (Abb. 9 und 10). 71 Härtel et al. 2017, S. 157–158 Nr. 72 (1211). 72 Leicht 1897, S. 51 Nr. 12. 97

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