reinhard härtel Zehntel der Männer sind Kleriker, gut neun Zehntel sind Weltliche. Im Süden ist der Klerikeranteil viel höher als im Gesamtdurchschnitt. Unter den etwa 40 Frauen finden sich (im Norden) zwei (sancti)moniales28 und (im Süden) eine ancilla dei.29 In den Traditionsbüchern des Nordens erscheinen nicht wenige Testatoren auch aus niedrigeren Schichten, deren Angehörige, zum Teil Hörige, im 12. und im beginnenden 13. Jahrhundert als Aussteller selbstständiger Urkunden kaum in Frage gekommen wären. In mehr als neun Zehnteln der untersuchten Dokumente sind die Begünstigten (erwartungsgemäß) kirchliche Institutionen.30 Aber viele dieser Texte – immerhin 120 – enthalten letztwillige Verfügungen zugunsten von Weltlichen, in Form einschränkender Klauseln zu Lasten der begünstigten kirchlichen Institutionen.31 Weit überwiegend sind die Nachlass-Empfänger, abgesehen von kirchlichen Institutionen, die Ehefrau (oder auch der Ehemann) und die eigenen Kinder, Geschwister oder auch Eltern bzw. sonstige Verwandte, im Norden wie im Süden, nicht selten aber lediglich im Rahmen von urkundlichen Klauseln zu anderen Rechtsgeschäften. Das unterstreicht die starke Rolle von ‚Testamenten’als bloße Präzisierung allgemeiner Rechtsauffassungen, sei es im Sinne einer Erbteilung oder wenigstens einer Abfindung. Ausnahmsweise kann ein Testament auch den sofortigen Protest eines bei der Testamentserrichtung anwesenden Benachteiligten enthalten. Ein solcher erregte sich bei einer Testamentserrichtung 1233 in Cividale darüber, dass er alle Schulden übernehmen, aber kaum Anteil an den 28 Hauthaler 1910, S. 134–135 Nr. 74 undS. 136–138 Nr. 76. 29 Migliardi O’Riordan 1990, S. 77–82, bzw. Härtel 2011, S. 337–340 (beide mit Abbildung des Originals). 30 Wie anderswo ergibt sich dieser hohe Anteil aus der auf die Kirche konzentrierten Schriftlichkeit wie auch aus der Dominanz der urkundlichen Überlieferung in kirchlichen Archiven. 31 Die Erbfolge von Personen weltlichen Standes findet sich nur ausnahmsweise eigens dokumentiert. Signifikant hierfür ist der Fall, dass ein Ministeriale des Petersklosters in Salzburg seinen Bruder als Universalerben einsetzte und dieser dem Kloster zum Seelenheil des Erblassers einen kleinen Teil seines Erbes stiftete. Von der letztwilligen Verfügung erfahren wir nur, weil sie als Motivation dieser Stiftung angemerkt worden ist: Hauthaler 1910, S. 339–340 Nr. 171. 89
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