last wills in the border area of the roman, germanic, and slavic worlds Schließlich müssen Schenkungen auf dem Totenbett in der Dokumentation gar nicht als solche erkennbar sein. Wenn eine Schenkungsurkunde auf Mitte März datiert ist13 und ein Memorialeintrag (mit Hinweis auf eben diese Schenkung) den 26. März als Gedenktag für den Schenker angibt,14 dann war die Schenkung sehr wahrscheinlich angesichts des sehr bald erwarteten Todes erfolgt, obwohl die Urkunde keinen Hinweis auf eine schwere Krankheit des Schenkers enthält.15 In zahlreichen Urkunden erscheinen letztwillige Verfügungen also nur als ‚Klauseln‘, und sie stellen damit kein selbstständiges Rechtsgeschäft dar. Auch zahlreiche pro anima-Schenkungen gehören hierher.16 Es liegt zudem nahe, dass solche Vorbehalte, jedenfalls wo sie zugunsten der eigenen Ehefrau oder der eigenen Nachfahren getroffen sind, nur als Konzession an die hergebrachten erbrechtlichen Vorstellungen und damit nicht als wirklich freie Verfügung zu verstehen sind.17 Dies zeigt sich auch an der gelegentlich bezeugten Gutheißung letztwilliger Verfügungen durch Verwandte.18 Und eben deshalb konnte auch die Wirksamkeit einer Schenkung davon abhängen, dass der Schenker keinen gesetzmäßigen Erben mehr haben würde.19 Daher wundert auch nicht, dass die wenigen ‚Testament-nahen’ Verfügungen sich im Norden auf Aufteilungen zwischen den ohnehin erbberechtigten Söhnen bzw. Kindern beschränken, und auch diese Zeugnis13 De Rubeis 1740, Sp. 563–564: Urkunde von 1129. 14 Scalon 1982, S. 398: Schenkung des Azo de Castellon. 15 Eine ähnliche Abfolge von Schenkung (1230, ausdrücklich auf dem Krankenbett) und Todestag, und in diesem Fall mit nur drei Tagen Abstand, liegt für den Aquileier Kanoniker Johannes Beneventanus nahe; vgl.Härtel 2005, S.249–250Nr. 166 in Verbindung mit Scalon1982, S. 193 (zum 18. April). 16 Zudem enthalten auch ‚wirkliche’ Testamente häufig Verfügungenproanima. Eine saubere Trennung von Nachlass-Regelungen undproanima-Schenkungen ist daher in vielen Fällen nicht möglich. 17 Auch im Süden konnte eine Schenkung auf dem Krankenbett (Sterbebett?) zum Seelenheil, als letztwillige Verfügung (in ultima sua voluntate) die Bedingung enthalten, dass die vier Söhne des Schenkers (eines Kanonikers von Cividale) die geschenkten Güter gegen Zinsleistung behalten dürften; so Leicht 1897, S. 57–58Nr. 20. 18 Das konnte im Einzelfall auch erst nach erfolgtem Tod geschehen sein; vgl. Zehetmayer 2023, S. 314Nr. 11–47. 19 Jaksch 1904, S. 448–449Nr. 1197 (zu 1175–1181). 86
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=