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die höchsten gerichte und rechtliche zeitgeschichte: ausgangslage terschiedlicher Intensität der Inanspruchnahme des Gerichts hervorgetreten, wodurch die Bedeutung der Gerichtstätigkeit für das Rechtsleben imReich differenzierter beurteilt werden kann und muss.Nochwichtiger als diese Globaleinschätzung ist die Aufschlüsselung der Gerichtsfrequentierung nach Prozeßformen, Parteien und Streitgegenständen. Erst dadurch konnten zum Beispiel stabilere Aussagen darüber gemacht werden, wie lange das Reichskammergericht seiner Aufgabe als Landfriedensgericht nachkam und ab wann die Funktion als Rechtsmittelgericht vorherrschendwurde.Auch die Bedeutung der Gerichtsarbeit für die verschiedenen gesellschaftlichenGruppen und ihre Konflikte trat deutlicher als bisher hervor. Die Ergänzung dieser Globalanalysen durch territorial begrenzte Untersuchungen des Prozessaufkommens verdeutlichte, dass das Reichskammergericht auf die Entwicklung der Regionen unterschiedlich eingewirkt hatte. Für die beiden bedeutenden Handels- und Handwerksstädte Hamburg und Frankfurt hat dies Robert Riemer eindrücklich herausgearbeitet.45 Sigrid Jahns lieferte mit ihrer bei Volker Press gefertigten Habilitationsschrift eine wegweisende prosographische und sozialgeschichtliche Untersuchung des richterlichen Personals der Zeit zwischen 1648 und 1806.46 Die Perfektion dieser Arbeit lässt das Fehlen einer vergleichbaren Analyse für die Zeit von 1495 bis 1648 sowie insgesamt des Kanzleipersonals umso schmerzhafter empfinden.47 Dasselbe gilt für Anette Baumanns Untersuchung der Advokaten und Prokuratoren der Wetzlarer Zeit,48 die ebenfalls der Ergänzung um die davorliegende Periode bedürfte.49 Dochschonheute ist erkennbar, dass die ständisch-gesellschaft45 Robert Riemer, Frankfurt und Hamburg vor dem Reichskammergericht. Zwei Handelsund Handwerkszentren im Vergleich. QFHG. Bd. 60, Köln-Weimar-Wien 2012. 46 Sigrid Jahns. Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im Alten Reich. QFHG. Bd. 26, Teil I: Darstellung. Köln-Weimar-Wien 2011; Teil II Bd.1 +2: Biographien, Köln-Weimar-Wien 2003. 47 Vorbereitende Einzelstudien dazu hat Heinz Duchhardt geliefert: Jahns (wie Anm. 47) Bd. 26/I, Literaturverzeichnis S. 710. 48 Anette Baumann, Advokaten und Prokuratoren. Anwälte am Reichskammergericht (1690–1806). QFHG. Bd. 51, 2006. 49 Einzelstudien zu dieser Zeit weist nach: Baumann (wie Anm.49), 4 Anm. 14, 15; S.5 Anm. 20, 21. 77

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