part i • supreme courts • bernhard diestelkamp in Erscheinung treten konnte. Diese Klagen aus königsfernen Zonen beweisen zudem, dass die Kläger sich nicht Hilfe für die Bewältigung ihres Problems von kraftvollem Eingreifen des Königs erhofften, sondern auf die Autorität und friedenstiftende Wirkung des Verfahrens am Hofgericht vertrauten. Das Gericht des Königs imMittelalter war nicht statisch, sondern entwickelte sich und passte sich den wechselnden Anforderungen der Zeiten an. Als das Bedürfnis aufkam, Urteile von Landgerichten durch das Hofgericht bestätigen zu lassen, um ihnen reichsweite Geltung zu verschaffen,36 entwickelte das Gericht dafür einen besonderen Rechtsbehelf. Obwohl die dinggenossenschaftliche Gerichtsverfassung die Überprüfung eines verkündeten Urteils durch ein übergeordnetes Gericht eigentlich nicht zuließ, schaffte das Hofgericht dies indirekt durch die Vidimierung von Landgerichtsurteilsbriefen.37 Dabei wurde der vorgelegte Urteilsbrief nicht nur nach seinen formalen Kriterien darauf überprüft, ob er echt war, sondern der Inhalt wurde einschließlich der Schilderung des Verfahrensablaufs im Gericht verlesen. Dann sprachen die Urteiler des Hofgerichts nach einem prozeßförmigen Verfahren das Urteil, dass der Urkundeninhalt – also auch der darin geschilderte Verfahrensablauf – rechtens sei und deshalb billigerweise bestätigt werden müsse. Das war zwar keine Appellation, näherte sich dieser aber insofern, als das Hofgericht auch in diesem Verfahren wie eine eigentlich nicht vorgesehene übergeordnete Instanz fungierte.Es setzte in diesemVerfahren sogar eine demApostelbrief ähnelnde Stellungnahme des Landgerichts ein, mit dem dieses das Begehren der Vidimierung befürworten musste. 74 36 Im Jahr 1331 ließ sich die Stadt Rothenburg für das Landgericht Rothenburg eine angeblich ältere Gewohnheit bestätigen, dass das Hofgericht alles, was vor dem Landgericht erklagt und erlangt wurde, mit den darüber ausgestellten Landgerichtsbriefen bestätigen solle, weil das Landgericht vom Reich herkomme. (Battenberg, Gerichtsstandsprivilegien (wie Anm. 17), Nr. 384, 1331 Juni 26. Bestätigung in leicht abgewandelter Form, in Nr.448, 1343 Juni 10; und Nr. 544, 1349 Oktober 4. 37 Diestelkamp, Vom einstufigen Gericht (wie Anm. 33), 36 ff.
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