kommen, daß der Ausdruck „Mission“ auch und vor allem über eine religiöse Konnotation verfügt.Man muß die religiöse Komponente in Savignys Rechtstheorie keineswegs in einseitigerWeise hervorheben, um ihre spezifische Bedeutung für unseren Zusammenhang anzuerkennen.147 Savigny tritt nämlich für die Richtigkeit einerVermittlung von Rechtswissenschaft aufgrund einer Rechtstheorie ein, die letztlich auf eine religiöse Überzeugung gegründet ist. Sie geht, wie Behrends herausgearbeitet hat, auf einen bestimmten Rechtsglauben zurück.148 Wir werden diesen zunächst skizzieren, bevor wir ihn anschließend mit derVorstellung von einer Mission inVerbindung bringen. Wenn Savigny in seine Ausführungen Bezüge auf religiöse Gegenstände aufnimmt, dann handelt es regelmäßig keineswegs nur um illustrierende Metaphorik. Die berühmteWarnung vor den verderblichen Folgen übereilter Gesetzgebung im8. Kapitel von „Vom Beruf unsrer Zeit“ mündet bekanntlich – um der Bedeutung willen durch einen eigenen Absatz hervorgehoben – in den Hinweis auf die Zerschlagung der göttlichen Gesetze nach der Schaffung des goldenen Kalbes durch die ungeduldigen Israeliten.149 Was durch eine zur Unzeit erfolgende Kodifikation „zerschlagen“ würde, hat also seinen Ausgang nach dieser Vorstellung von Gott genommen.150 Savigny geht davon aus, daß sich das Recht von Anfang an in jeder menschlichen Ordnung gezeigt habe.151 Dies erweist sich für ihn daran, mart i n ave nar i u s 59 147 Vgl. F. Fischer, Moritz August von Bethmann-Hollweg und der Protestantismus (1938), S. 58 ff..Wir haben an dieser Stelle weder den Anlaß noch die Möglichkeit, Savignys Religion mit einigemTiefgang zu behandeln. Dies ist bislang nicht erschöpfend geschehen; vgl. vorläufig H. Kantorowicz, Savignybriefe (Briefe Friedrich Carl v. Savignys an Friedrich Heinrich Christian Schwarz), in: Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der Kurpfalz 13 (1928), S. 57114 (64 f.), Dufour, La Religion de Savigny (o. Fn. 131) und nun Rückert, Religiöses und Unreligiöses bei Savigny (o. Fn.127),S. 49-69.Wir beschränken unsere Betrachtungen im folgenden auf einige charakteristische Gesichtspunkte, die den Zusammenhang mit SavignysWahrnehmung des Rechts betreffen und ein Licht auf seine Vorstellung von den Grundlagen der Vermittlung von Rechtswissenschaft werfen können. 148 Vgl. Behrends, Geschichte (o. Fn. 115), S. 263 und 271.Wir werden nachfolgend darauf verzichten, sämtliche von Behrends bereits zusammengestellten Belegtexte nochmals anzuführen, und uns auf ausgewählte Zitate beschränken. 149 2. Mose 32, 1-4 und 19; vgl. Savigny, Vom Beruf unsrer Zeit (o. Fn. 61), s. 134. 150 Vgl.O. Behrends,Mommsens Glaube. Zur Genealogie von Recht und Staat in der Historischen Rechtsschule. Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen I. Phil.-hist. Klasse 2005, S. 323-389 (350). 151 F. C. v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 1 (1840), S. 15.
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