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ihm Ornatskij, daß die ganze westliche Literatur nichts anderes sei als die unheilvolle Frucht revolutionärer Ideen, daß die Beschäftigung mit ihr für einen jungen Menschen nicht nur überflüssig, sondern auch gefährlich sei und daß er nichts davon empfehlen könne.99 Dieser Rechtslehrer hatte sich von Savignys Einfluß gelöst und bot gleichzeitig keinen Beleg dafür, daß er vom Geist der Heidelberger Fakultät dauerhaft angeregt worden wäre. Er war ein rigoroser Positivist geworden. Angesichts dessen, was wir über die vorherrschenden Bedingungen wissen, unter denen die Dogmatik des geltenden Rechts im Zarenreich gepflegt wurde, kann diese Entwicklung kaum überraschen. Anders ist der Befund bei denjenigen Stipendiaten, die ihrWirkungsfeld später nicht in den dogmatischen Fächern fanden, sondern im Bereich der Grundlagen des Rechts. Dies gilt z.B. für Petr Redkin (18081891). Es mag kein Zufall sein, daß gerade er sich zu einem fruchtbaren rechtswissenschaftlichen Denker entwickelte.Auch Redkin hatte sich im Zusammenhang mit seinem Berliner Aufenthalt zeitweise nach Heidelberg begeben. So konnte er sein Verhältnis zur wissenschaftlichen Bearbeitung des Rechts im Spannungsfeld zwischen der Historischen Rechtsschule und derjenigen Position entwickeln, die er in Heidelberg explizit als gegenläufige Strömung kennenlernte.Anton F. J.Thibaut, ihrWortführer, hatte sich auch in Rußland bereits einen bedeutenden Ruf erworben.100 Er wurde zu einem der für Redkin maßgebenden Rechtslehrer.101 Als Professor für Rechtsenzyklopädie an der Moskauer Universität unterrichtete Redkin in den 1840er Jahren re cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 42 (2004), S.S379-382 sowie nun A. Schlüchter, Recht und Moral. Argumente und Debatten „zurVerteidigung des Rechts“ an derWende vom19. zum20. Jahrhundert in Russland (2008), S. 88 ff.. 99 Vgl.Torke, Das russische Beamtentum (o. Fn. 40) S. 142, Fn. 171 mit Nachweisen. 100 Thibaut hatte sich bereits während seiner Zeit an der Universität Jena so hohes Ansehen im Zarenreich erringen können, daß er 1805 einen Ruf auf einen Lehrstuhl in Char’kov erhielt.Vgl. den Brief von J. B. Schad anThibaut vom12.11.1807, bei R. Polley, Anton Friedrich Justus Thibaut (AD1772-1840) in seinen Selbstzeugnissen und Briefen,Teil 2: Briefwechsel (1982), Nr. 137, S. 216 f.. Im gleichen Jahr wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Gesetzgebungskommission in Sankt Petersburg ernannt.Obgleich er in dieser Eigenschaft keine unmittelbare Wirksamkeit entfaltete, übten seineWerke großen Einfluß auf die Gesetzgebungsarbeiten der späteren Regierungszeit Alexanders I. aus, insbesondere durch Übersetzungen seines „System des Pandekten-Rechts“.Vgl. den Brief des livländischen JuristenW. v. Ditmar an Thibaut vom18.1.1819, bei Polley aaO., Nr. 279, S. 396. 101 P. G.Redkin, Die Heidelberger juristische Fakultät (Sankt Petersburg1841).Übersetzt und herausgegeben von W. Birkenmaier (1993) (= Übersetzung von: P. G.

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