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wirklich Fuß fassen.46 Darüber könnte man einen eigenenVortrag halten. Hier genügt es festzustellen, daß sich zwar die Gewichtung der einzelnenTeile des Rechts über die Jahrhunderte hinweg ändert.Aber es wurde doch immer praktisch anwendbares Recht (wie es ja auch das römische Recht im19. Jahrhundert noch war) unterrichtet. Noch deutlicher schlägt sich im Rechtsunterricht die Einstellung derTheorie zu berufspraktischen Anleitungen nieder. Im18. Jahrhundert hielt man, wie gesagt, die „praktische Jurisprudenz“ für einenTeil der Rechtstheorie. Professoren bearbeiteten sie in Lehrbüchern, wie etwa der Göttinger Professor Justus Claproth die Kautelarjurisprudenz und die Referier- und Dekretierkunst und sein Kollege Johann Stephan Pütter die Staats- und Kanzleipraxis.47 Dementsprechend wurde sie auch im akademischen Unterricht planmäßig gepflegt.48 Noch kurz nach1800erreichte sie einenAnteil von über 10% am gesamtenVorlesungsangebot der sieben bedeutendsten deutschen Juristenfakultäten. Dann setzte sich aber in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Ansicht durch, daß die „praktische Jurisprudenz“ kein Teil der Rechtswissenschaft sei. Dementsprechend geht der berufspraktische Unterricht an den Universitäten zurück. Zwischen1875und1879beträgt er nur noch etwa 3% des Lehrangebots und nach dem Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze 1879verschwindet er fast völlig. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die berufspraktischeVorbereitung findet nicht mehr an den Universitäten, sondern in der Praxis, an Gerichten,Verwaltungsbehörden usw. statt. Im ganzen vollzieht also der Universitätsunterricht seit dem18. Jahrhundert dieWandlungen der Rechtstheorie genau nach.Die Lehre des geltenden Rechts bleibt der Hauptgegenstand des Studiums, allerdings mit - je nach den theoretischen Präferenzen der Rechtslehre - wechselnden Schwerpunkten. Dagegen werden die berufspraktischen Anleitungen im Laufe des 19. Jahrhunderts aus demUniversitätsunterricht eliminiert. jan schröde r 327 Strauch), Friedrich Carl von Savigny: Landrechtsvorlesung 1824. Drei Nachschriften (Frankfurt am Main). 46 S. dazu Uwe Bake, Die Entstehung des dualistischen Systems der Juristenausbildung in Preußen, Jur. Diss. Kiel 1971, s. 72 ff.; Ina Ebert, Die Normierung der juristischen Staatsexamina und des juristischenVorbereitungsdienstes in Preußen(1849-1934), Berlin1995, s. 20, 35f. und die Hinweise bei ChristianWollschläger, PraktischeTheorie, in ders. (Fn. 45), i, s. xxiii ff. 47 Dazu J. Schröder, Wissenschaftstheorie (Fn. 1), s. 57 ff., 60 ff., 63 f. 48 Zum Folgenden J. Schröder, Wissenschaftstheorie (Fn. 1), s. 213 ff., 252 ff.

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