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Wissenschaftler) „zu einer Erfahrung als einem empirischen System qualifiziere(n)“.23 Die nachfolgende idealistische Logik steigert diesen Gedanken zu derVorstellung, daß die einzelnen Gegenstände auch real ein geordnetes System bilden.24 Ein solches System, in dem „die einzelnen Rechtsbegriffe und Rechtsregeln zu einer großen Einheit verbunden werden“,25 soll der historischen Rechtsschule zufolge auch das Recht sein, ein „organisches“ Ganzes, dem eine Einheit „inwohnt“ (Savigny).26 Der Systemgedanke rechtfertigt jetzt die „Abstraktion“ neuer Rechtssätze aus schon vorhandenen. Sie ist kein rein induktives willkürliches Probieren und Raten mehr, sondern wird vom System her gesteuert, und je vollständiger das System bereits ist, um so leichter und sicherer lassen sich (wie bei einem Puzzle) die fehlenden Stücke einfügen. Der Gedanke des Systems, eines realen inneren Zusammenhangs aller Rechtssätze, ist also die eigentliche Grundlage für die neue, wissenschaftliche Rechtstheorie des 19. Jahrhunderts. Dagegen werden nun dieAnleitungen zur juristischen Berufspraxis aus der Rechtstheorie eliminiert. Schon in der Enzyklopädie Gustav Hugos, des Mitbegründers oder Vorläufers der historischen Schule von 1792kommt die alte „praktische Jurisprudenz“ nicht mehr vor.Thibaut bezeichnet sie 1797 nicht mehr als selbständigenTeil der Rechtslehre, sondern nur noch als „Hilfswissenschaften“. Gottlieb Hufeland spricht 1801von (nur) „technischen Regeln“.27 Nach1810verschwinden diese re cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 320 23 Immanuel Kant, Einleitung in die Kritik der Urteilskraft, erste Fassung, iv (= Immanuel Kant,werke in sechs Bänden, hrsg. vonW.Weischedel,v[Wiesbaden1957],s.186). 24 Vgl. z. B. August Detlev Christian Twesten, Die Logik, insbesondere die Analytik, Schleswig1825, S. 128 f., 131, der formuliert, es werde die unvollständige Induktion gültig, „vermöge eines hinzukommenden metaphysischen Prinzips“ (sc. des Systemgedankens).Weiter dazu J. Schröder, Analogie (Fn. 22), S. 48-53. 25 Friedrich Carl v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, I, Berlin 1840,Vorrede, s.xxxvi; Georg Friedrich Puchta, Cursus der Institutionen, I (1841), 9.Aufl., besorgt von P. Krüger,1881, Leipzig1881, §33,s.56(„systematische Erkenntniß ist die Erkenntniß des inneren Zusammenhangs, welcher die Theile des Rechts verbindet“). 26 F. C. v. Savigny,System, I (Fn. 25), 7, 9, 290; ders.: Rezension von N.T. Gönner (Über Gesetzgebung und Rechtswissenschaft), in: Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft 1 (Berlin1815), s. 395 f. Ähnlich G. F. Puchta, Cursus, i (Fn. 25), § 2, s. 5: „Das Recht ist ein Vernünftiges, und dieß ist die Seite, von welcher es ein System ist, einen Organismus von Gattungen und Arten bildet“. 27 In der Reihenfolge der Zitate: Gustav Hugo, Lehrbuch eines civilistischen Cursus, 1. b) Umfang

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