um nach ihrer Rückkehr in das Zarenreich als loyale Staatsdiener zu arbeiten. Daher wurden die Studenten auch unter die Aufsicht von Vertrauenspersonen der Regierung gestellt.48 Um das Auslandsstudium zu organisieren, suchten dieVertreter der Zweiten Abteilung die Zusammenarbeit mit der Berliner Universität. Für dieWahl einer preußischen Universität werden zunächst die enge Bindung zwischen den Herrscherhäusern sowie parallele Ordnungsvorstellungen ausschlaggebend gewesen sein. Nikolaus I. war seit 1817 Schwiegersohn Friedrich Wilhelms III. von Preußen. Den Prinzen Wilhelm wiederum kannte man als erklärtenVerfechter der absoluten Monarchie, der sich bereits mehrfach in Angelegenheiten des Staates und der Familie am Sankt Petersburger Hof aufgehalten hatte. Schließlich strahlte der Ruhm der vielen herausragenden Gelehrten, die an die neugegründete Universität der preußischen Hauptstadt hatten angeworben werden können, auch in das Zarenreich aus.49 Diese Gesichtspunkte mögen Berlin gegenüberWien, das womöglich mit Rücksicht auf Balug’janskijs Verbindung zur Donaumonarchie in Betracht gekommen wäre, oder gar einer französischen Universität den Vorzug verschafft haben. In der Frage nach einer geeigneten Persönlichkeit, in derenVerantwortung das Studium der jungen Russen in Berlin würde gelegt werden können, wandten sich die Beamten der Zweiten Abteilung an Alexander von Humboldt. Der Sankt Petersburger Akademie seit 1818 als Ehrenmitglied verbunden – 1829 wurde er als Akademiker aufgenommen –, korrespondierte er mit der russischen Regierung als deren finanzpolitischer Berater. Diese plante nämlich, die Grundlage der russischenWährung von der bislang üblichen Gold- und Silberdeckung zu erweitern und Platinmünzen prägen zu lassen.50 In diesem Zusammenhang stand auch Humboldts berühmte Rußlandreise: Sie sollte denVerantwortlichen neben anderen Erkenntnissen ein Bild von den mart i n ave nar i u s 29 48 E.Wischhöfer, Ein zweischneidiges Schwert. Anmerkungen zur politischen Bedeutung des Auslandsstudiums für das zaristische Rußland, in: S. G. Svatikov, Russische Studenten in Heidelberg. Unveröffentlichte Texte von S. G. Svatikov, hrsg. von E.Wischhöfer (1997), S. 81-90 (83-85). Die beschriebene Praxis der Beaufsichtigung war bereits im18. Jahrhundert bei „Abkommandierungen“ ins Ausland befolgt worden. 49 Baršev, Istoričeskaja zapiska (o. Fn. 5), S. 16 f.. 50 E. Plewe,Art. v.Humboldt,Alexander, in:Neue Deutsche Biographie, Bd.10(1974), S. 33-43 (38).
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