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re cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 286 te, daß also in gewissem Grade jederTheoretiker den praktischen, jeder Prak- tiker den theoretischen Sinn in sich erhalte und entwickle.Wo dieses nicht geschieht, wo dieTrennung zwischenTheorie und Praxis eine absolute wird, da entsteht unvermeidlich die Gefahr, daß die Theorie zu einem leeren Spiel, die Praxis zu einem bloßen Handwerk herabsinke.(s. xixf.) 2) Über denVorteil einiger praktischer Beschäftigung und vollständige Anschauung des wirklichen Lebens: Wenn ich sage, daß jeder Theoretiker stets zugleich ein praktisches Element in sich tragen soll, so ist dieses dem Sinn und Geist nach gemeynt, nicht der Beschäftigung nach:obgleich freylich e i n i g e p rak - t i sch e b e schä f t i gung, richtig angewendet, der sicherste Weg zur Förderung des praktischen Sinnes ist. Gewiß habenViele, die mit Ernst und Liebe der Rechtswissenschaft zugethan sind, die Erfahrung gemacht, daß irgend ein einzelner Rechtsfall ihnen ein Rechtsinstitut zu so lebendiger Anschauung gebracht hat, wie es ihnen durch Bücherstudium und eigenes Nachdenken nie gelungen war.Was uns nun so durch Zufall im Einzelnen an Ausbildung zugeführt wird, läßt sich auch als bewußtes Ziel unsres Strebens, und durch das Ganze unsererWissenschaft durchgeführt, denken. Dann wäre der vollendeteTheoretiker derjenige, dessenTheorie durch die vollständige,durchgeführte Anschauung des gesammten Rechtsverkehrs belebt würde; alle sittlich religiösen, politischen, staatswirthschaftlichen Beziehungen des wirklichen Lebens müßten ihm dabey vor Augen stehen. (s. xxi) (nb: hier al le b e z i e hunge n gefordert, evtl.Anspielung hierauf 1884 bei Windscheids berühmtemJuristen als solchen. Aber kein Gegensatz zuWindscheid, der nur zum Juristen in der parlamentarischen Gesetzgebung spricht.) 3) Über das haup t ü b e l und die wachsende Scheidung von Theorie und Praxis imVergleich zurück; es fehle die natür l i - ch e e i nh e i t, hier die Römer als Muster: Zwar wird Niemand verkennen, daß jetzt Vieles möglich geworden und wirklich geleistet ist, woran früher nicht zu denken war, ja dass die Masse der hervorgearbeiteten Kenntnisse inVergleichung mit jenen früheren Zeitpunkten sehr hoch steht. Sehen wir aber auf den oben geforderten praktischen Sinn, wodurch in den einzelnenTrägern derTheorie ihrWissenb e le bt werden soll,so dürfte dieVergleichung minder vortheilhaft für die Gegenwart ausfallen.(xxii) … Man hat angefangen, einen übertriebenenWerth zu setzen auf die Erzeugung neuer Ansichten (xxiii)…Besteht nun also das haup tüb e l unsres Rechtszustandes in einer stets wachsenden Scheidung zwischen Theorie und Praxis, so kann auch die Abhülfe nur in der Herstellung ihrer natürli-

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