scher Grundlage. Entscheidend sein sollen „hermeneutisch zulässige Methoden wertorientierten Denkens“;112 was immer das juristisch bedeuten mag, es ist eine methodische Vorrangklausel, strukturell ganz parallel zu Stammler.Wieder strenger behauptet Naucke einenTheorievorrang, schon Plato ist ihm Zeuge, erst recht dann Kant; von hier aus füllt Naucke denVorrang auch inhaltlich.113Viel vager versucht dies dann J. Braun2006. Ihm gilt vor bloßer Praxis, „was in der Sache richtig ist“, schlicht der „Gedanke des Rechts“. Das war ein nicht erst seit Lessings ‚Liebe zur Sache‘ altes Rezept, hier wird es aber doch allzu vage gehalten.114 Spätestens seit den1960er Jahren verlor sich die Forderung nach einer einheitlichen wissenschaftlichenJurisprudenz auf breiter Front - in Schweigen oder eher banalen Harmonieappellen. Eine steuernde Gesamtanschauung scheint fast überall aufgegeben. Gewißheitsverluste (Haverkate) prägen die Stimmung. Ein plastisches Indiz dafür ist der erneute Wandel der alten ‚großen‘ Lehrbücher zum Allgemeinen Teil des BGB.115Wenn überhaupt, so fallen nun nur noch salomonischeWorte über gegenseitige Befruchtung und Erfahrung.Theoretiker und Praktiker schienen in Frieden geschieden. Übrig blieb die Standeskonkurrenz. Es war ein kurzer Frieden. Denn konsequent brachte die kritisch-politische Jurisprudenz der 1968er Jahre eine feurigeWiederbelebung – hier fehlte es nicht an wissenschaftlicher Gesamtanschauung und politischer Kampfstellung der Juristenprofessionen. In saftigen Sätzen erklärt Wiethölter sofort im Vorwort das Problem zu der einen von den zwei kritischsten Zonen, neben demVerhältnis zur Wirklichkeit.116 In der Folge ist es ihm eine re cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 270 112 K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5.a. 1983, 224 ff. zu Praktische Aufgaben der Rechtswissenschaft; Zitat 225, vgl. 236 zur „Unabhängigkeit“ als Methode; noch nichts dazu in 1.a. 1960. Zu Larenz als idealistischer Variante damaligerWertungsjurisprudenz wichtige Klärungen bei I. Kauhausen,Nach der ‚Stunde Null‘. Prinzipiendiskussionen im Privatrecht nach 1945, 2007. 113 W.Naucke,Grundbegriffe der Rechtsphilosophie, 1982, 4.a.2000.Siehe den wohlwollenden Bericht zu Plato, Cicero,Thomas von Aquin, auch Rousseau, dann Kant und Hegel, dagegen die Kritik an Macchiavelli, Rz. 64, 74, 93, 137, 156, 176, 111. 114 J. Braun, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2006, 402f. 115 Siehe dazu J. Rückert, Das BGB und seine Prinzipien:Aufgabe, Lösung und Erfolg, in:Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, hg. von M. Schmoeckel, J.Rückert und R. Zimmermann, Band 1:Allgemeiner Teil, 2003, 34-122, hier 115. 116 R.Wiethölter, Rechtswissenschaft, 1968, 10. 3. Wiederbelebung 1968
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