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er nur das gegebene Gesetz oder Gewohnheitsrecht einfach nachvollziehen, niemals will er bloß praktisch sein.Alles bloß Praktische mündet für ihn in Handwerk. Und mit Handwerk will sich nun keiner dieser wissenschaftlichen Juristen begnügen, ob sie nun im Punkte Theorie-Praxis mehr für Identität oder mehr für Differenz eintreten. Hugo und Gönner, Thibaut und Savigny, Mühlenbruch und andere und selbstverständlich Puchta - sie grenzen sich immer wieder ab gegen das bloß Handwerksmäßige, gegen die „Urtheilsfabriken“, wie Savigny 1814 zuspitzt.66 Puchta fordert 1838 in seinen knappen Pandekten die unmittelbare Einwirkung der Jurisprudenz auf das Leben.Und dies sei keineswegs so zu verstehen, dass es nur um eine Aufzählung der Rechtssätze gehe, welche sich unmittelbar auf das gegenwärtige Leben anwenden ließen - das wären mit SavignysWorten die unmittelbar praktischen Resultate, die auch ihm nicht genügten. Und Puchta fügt ein drastisches Gleichnis an: Stets ist also nicht das Resultat, sondern die Begründung wesentlich. Dies macht geradezu den wissenschaftlichen Geist aus, wie es Hugo schon formuliert hatte.68 Wie Savigny geht Puchta wie selbstverständlich von einer substantiellen Einheit vonTheorie und Praxis aus. Seine Hinwendung zur Praxis, wie sie treffend thematisiert wurde,69 bedeure cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 256 66 Beruf 128/Stern147 (Fn. 18). Siehe die Nachweise für Hugo,Thibaut und Gönner bei Rückert, Geschichtlich, praktisch, deutsch. Die „Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft“ (1815-1859), das „Archiv für die civilistische Praxis“ (18181867) und die „Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft“ (1839-1861), in, Juristische Zeitschriften. Die neuen Medien des 18.-20. Jahrhunderts, hg. von M. Stolleis, Frankfurt/M. 1999, 107-257, 135; zumTopos im18. Jh. anschaulicher Bericht B. Dölemeyer, Die Universität als „gelehrte Manufactur“. Reformideen des aufgeklärten Absolutismus in Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel, in, Reich, Regionen und Europa …, Festschrift für P. Moraw, 2000, 565-581. 67 Puchta, Institutionen, § 35/s. 105 f. 68 Siehe bei Fn. 60. 69 Haferkamp (Fn. 58), 113 ff. „Nach dieser ,praktischen‘ Ansicht von der Jurisprudenz würde ein Obstgärtner, weil er eine unmittelbar praktische Aufgabe hat, nichts zu tun haben, als Bäume mit reifen Früchten zu pflanzen; auf die Frage, woher sie nehmen? würde man ihn zu dem Nachbar bescheiden, der sie in seinem Garten habe“.67

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