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gekrönt wird sie von einer reflexiven, künstlichenWiederherstellung der Einheit. Savigny preist schon1814mit solchenWorten den Zustand an, der KunstmäßigeVollendung, dieses Ideal entspricht genau demNatur-KunstSchema, das auch in anderem Zusammenhang für Savigny vertraut ist, aber etwa auch für Puchta.58 Savigny bietet also zumTheorie-Praxis-Problem nicht überraschend eine grundsätzliche, philosophisch gestützte Theorie. Es ist die Theorie der Historischen Schule zumTheorie-Praxis-Problem. Er geht aus von einer grundsätzlichen Einheit, die geschichtsphilosophisch als naturgemäßer Anfang angenommen wird undkunstmäßig wieder erlangt werden könne.Muster dafür ist ihm die römische „bürgerliche“ Jurisprudenz mit ihrem „lebendigen politischen Sinn“59 in stets voller Anschauung des Lebens. Eine letzte Frage muß Savignys Wissenschaftlichkeitsidee selbst gelten. Sie erwies sich als der bestimmende Faktor für Theorie wie Praxis in seiner Jurisprudenz. Hier stecken nun in aller Einigkeit der Zeitgenossen über die Einheit von Theorie und Praxis und die Distanzierung vom Handwerk erhebliche Differenzen. Ebenso wie das Systemideal konnte das Wissenschaftsideal sehr verschieden ausgefüllt werden: etwa mit der HugoschenTrias vonDogmatik: Was ist rechtens?,Philosophie: Ist es vernünftig, daß es so sey? und Geschichte: Wie ist es Rechtens geworden?,60 ohne substantielle Einheit; oder mit Hufelands ähnlicher Trias,61 oder mit derThibautschen Idee, irgendwie das lebende Recht zu erfassen, da dies der eigentliche Zweck der Rechtswissenschaft sei,62 ebenfalls ohne substantielle Einheit; oder eben mit der Savignyschen Idee einer substantiellen Einheit im geschichtlichen Entwicklungsgang des bürgerlichen Rechts. re cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 254 57 Beruf 129/Stern 147 (Fn. 18). 58 Siehe Rückert, Savigny (Fn. 15) 336-342; für Puchta jetzt maßgebend H.-P. Haferkamp, Georg Friedrich Puchta und die „Begriffsjurisprudenz“, 2004, hier 118 f. 59 Beachte Beruf 31 f./Stern 89 f. (Fn. 18), wo er dagegen im späterenVerfassungsrecht keinVorbild und diesen lebendigen Sinn erloschen sieht. 60 Vgl. nur seine Juristische Encyklopädie, 2.a. 1799, § 16, und so stets erneut. 61 Siehe Rohls (Fn. 47), 139; statt „Ist es vernünftig?“ hier „Warum gilt es jetzt als Recht?“. 62 Vgl. seine Juristische Encyklopädie und Methodologie, 1797, § 132. „allein alle Forderungen wird befriedigen können: Der Einzelne wird nicht als bloßesWerkzeug dienen, sondern in freyem, würdigem Berufe leben, und die Rechtslehre wird wahre, kunstmäßigeVollendung erhalten“.57

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