Im Blick auf die Berufe und Personen, dieTrägergruppen also, spricht Savigny nun vonTheoretikernundPraktikern, statt vonWissenschaft und Praxis. In der Sache ändert dies freilich nichts - hier Wissen, Lehren, Darstellen, dort Anwendung, beide müssen aber im Bewusstsein der Zusammenhänge und Gründe der Regeln, weder als leeres Spiel, noch als bloßes Handwerk getätigt werden. Im Überblick seit 1801 zeigt sich: Savigny behauptet von Anfang an eine wesensgleiche Einheit vonTheorie und Praxis. Er nennt dies auch Identität und hält dieses Ideal durchgehend fest. Dabei unterscheidet er Theorie und Praxis zwar durchaus, versteht sie aber als nur zwei Elemente eines einheitlichenWesens der Jurisprudenz überhaupt. Dazu, was ihm im Ganzen an der Jurisprudenz entscheidend ist, haben wir eine prägnante Formulierung in seinem großen Rezensionsaufsatz über die „Stimmen für und wider neue Gesetzbücher“von1816.27 Dort schreibt er in der Zusammenfassung einiger Resultate sehr betont:28 joach i m rücke rt 245 26 Ebda. 27 In: ZgeschRw3(1816) 1-52, erneut in: Beruf,2.Auflage, 1828und danach bei Stern (Fn. 18) 1914, S. 206-228 (und danach H. Hattenhauer, Thibaut und Savigny, 1973 u.ö.) 28 Beruf, 2.A., 187 (Stern 225; Hattenhauer 251). zwey Richtungen zugleich in verschiedenen Ständen und Berufsarten aus einander getreten sind, daß also die Rechtskundigen,mit seltenenAusnahmen, durch ihren ausschließenden oder überwiegenden Beruf entweder derTheorie oder der Praxis allein angehören.Wie dieses nicht durch menschliche Willkühr so geworden ist, so ist daran auch im Allgemeinen Nichts zu loben oder zu tadeln.Wohl aber ist es wichtig, mit Ernst zu erwägen, was in diesem Gegensatz naturgemäß undheilsamist,wie er dagegen in verderbliche Einseitigkeit ausschlagen kann. Es beruht aber alles Heil darauf, daß in diesen gesondertenThätigkeiten Jeder die ursprüngliche Einheit fest im Auge behalte, daß also in gewissem Grade jeder Theoretiker den praktischen, jeder Praktiker den theoretischen Sinn in sich erhalte und entwickle.Wo dieses nicht geschieht, wo dieTrennung zwischenTheorie und Praxis eine absolute wird, da entsteht unvermeidlich die Gefahr, daß dieTheorie zu einemleeren Spiel, die Praxis zu einembloßen Handwerk herabsinke“.26 „Wichtiger als alleVorschriften sein können, ist der Geist und die Bildung des Juristenstandes …Was uns im Großen und Ganzen am meisten helfen kann, ist allein einwissenschaftlicher Geist, der das Geschäft des Juristen, auch das gewöhnliche praktische Geschäft, zu veredeln im Stande ist“.
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