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für das Landrecht eingeschärft, es sollten nicht nur die Unterschiede zum römischen Recht behandelt werden; und imAugust 1822 wurde verfügt, die Pandekten und Institutionen seien in jedem Semester und nicht nach der Methode der historischen, sondern nach der der praktischen Schule zu lesen. Das sei „für die große Bestimmung der Universität, dem Staatsdienst tüchtige, brauchbare und mit gründlicher Kenntnis des Rechts … ausgerüstete Männer zu bilden, schlechthin unerlässlich.“ Die praktische Richtung wird dabei auch als wissenschaftliche Richtung bezeichnet.22 Der ‚Staat‘ macht sich geltend und will ‚sein Recht‘ überall durchsetzen, auch in der Reflexion. Das geschah zwar nur im Hinblick auf die Auskultatorenprüfung, aber die kritischenTöne passen auf Savignys Positionen. Eine Reaktion Savignys darauf läge nahe. Jedenfalls war derVorgang eine Etappe im langen preußischen Kampf der ALR-Anhänger und Praktiker mit der Universitätswissenschaft – jedoch: Dies war nur ein deutscher Sonderfall und kein allgemein deutscher Theorie-Praxis-Kampf. Gierke hat dies 1877, noch aus Breslau, beschrieben.23 In den gemeinrechtlichen Ländern stellte sich das Problem nicht, andere Territorialrechte wurden wissenschaftlich schon besser gepflegt. „Es bleibt“, so Gierke, „schließlich nur das Eine bestehen, daß das Studium des preußischen Landrechts auf den preußischen Universitäten ungebührlich vernachlässigt wird. Das ist ein oft und mit Recht beklagter Übelstand, ja die Hauptquelle der gerade in Preußen hervorgetretenen Entfremdung zwischen Theorie und Praxis und ihrer ungünstigen Rückwirkung auf das gesamte Rechtstudium.“Gierke übergeht aber, daß dabei nicht nur ALRLiebe, sondern auch ein kräftiger preußischer Etatismus wirkte. Jedenfalls ergibt es ein ganz falsches Bild, daß diese speziell preußischen Kämpfe meist zum pars pro toto deutscher Verhältnisse genommen werden. Sie hängen ab von besonderen beruflich-sozialen und persönlichen Bedingungen und Konkurrenzen und werden immer noch viel zu parteilich ‚für und gegen Savigny‘ bewertet.24 joach i m rücke rt 243 22 Alles nach C. Butz, Die Juristenausbildung den preußischen Universitäten Berlin und Bonn zwischen 1810 und 1850.Ein Studienfach im Spannungsfeld zwischen neuhumanistischem Bildungsideal und Praxisnähe, Diss. polit. Berlin 1992, 260-262, diese nach L. von Roenne,Das Unterrichtswesen des Preußischen Staates, Bd.2, Berlin1855,s.511-513. Eine gelassene Reaktion findet sich bei Savigny 1828:Vom Beruf, 2.A, S.VII:Alles dies gelte “ohne Abbruch der gelehrten Rechtsstudien”. 23 O. Gierke, Die juristische Studienordnung, in: JbfGesetzgebung,Verwaltung u.Volkswirtschaft 1 (1877) 1-32, hier 17. 24 Siehe jüngst besonders prominent und drastisch, aber verfehlt und fehlerhaft P.

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