setzesrecht, Gerichtsgebrauch, Richterrecht usw. verweisen auf Praxis in den Theorien. Kompetenzen für die Rechtsbildung werden dabei diskutiert und zugesprochen.Von wem soll das Recht und kommen dürfen? Mehr vomVolk?VonVolksjuristen? Oder vom Juristenstand? Von den Richtern?Vom Exekutiv-Staat? Die Rangkämpfe dazu toben im19. Jahrhundert bekanntlich erheblich.7 Mit der Durchsetzung des „positiven“ Rechts als einzigen Rechts vor den Normen aus Religion, Natur undVernunft und dann des verfassungsgetauften Gesetzesrechts als mindestens dominantem Recht – Feuerbach 1811 ebenso wie die BGB-Kommission 1888 wollten das Gewohnheitsrecht verbieten8 - gewinnen zunächst die Juristen im Ganzen. Sie verwalten die neue Autonomie des Rechts. Die große Chance, die Savigny 1814 der Rechtswissenschaft „gegen die Gesetzbücher“ (Hugo) eröffnet hatte,mit der zündenden Idee, richtigerweise sei „alles Recht“ gewissermaßen „Gewohnheitsrecht“, es werde also „erst durch Sitte undVolksglaube, dann durch Jurisprudenz erzeugt“ und gerade „nicht durch dieWillkür eines Gesetzgebers“ - diese Chance wurde recht lange gewahrt. Aber als die lachenden Dritten vor Rechtswissenschaft und Gesetzgeber etablierten sich bis heute immer deutlicher die Richter, die Justiz. Sie haben womöglich die Konkurrenz gegen die ‚Theorie‘ und auch gegen den ‚Staat‘ nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch gewonnen. Ein deutliches Signal dafür geben die immer praktischerenAusbildungsreformen und die heutige Gelassenheit in Sachen Richterrecht. Das ist hier nicht zu diskutieren, aber als vermutlich große Linie zu beachten. Im Gewande des „alten und immer neuen Liedes“ von Theorie und Praxis haben sich die Sängergruppen und -hierarchien unter der Hand sehr gewandelt. Das trifft dieWissenschaftsgeschichte ebenso wie die Sozialgeschichte. Durchgehend recht klar entschieden ist die gesellschaftliche und soziale Bedeutung. Justiz undVerwaltung rangieren vor dem durchschnittlichen Professor und Universitätsjuristen. Die Praxis steht höher als joach i m rücke rt 237 7 Siehe für dieTheorie R. Ogorek, Richterkönigtum oder Subsumtionsautomat. Zur Justiztheorie im19. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1986; für die politischen und sozialen Seiten einiges bei J. Rückert, Autonomie des Rechts in historischer Perspektive, Hannover 1988, bes. 35 ff.; für eine dezidierte Reduktion auf die entscheidende Frage Staat-Gesellschaft K.W.Nörr,Rechtsbegriff und Juristenausbildung. Bemerkungen zur Reformdiskussion im Kaiserreich und in derWeimarer Republik am Beispiel Preußens, in ZNR14 (1992) 217-226. 8 Dazu genauer Rückert, Il diritto positivo nel xixsecolo.Concezioni e fatti, in: Diritto e filosofia nel xixsecolo, a cura di F. Belvisi e M. Carina, Milano 2002, 303-351.
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