sitive, fixirte, gleichmäßige Recht“. Es sei das positive Recht, das für Kirchmann ein des wissenschaftlichen Studiums unwürdiges Objekt ausmache. Die korrektere Überschrift für KirchmannsVortrag, so Stahl, wäre „Über dieWertlosigkeit des positiven Rechts“40 gewesen. Die von Kirchmann und Stahl so leidenschaftlich debattierte Frage über den Wert der Rechtswissenschaft als Wissenschaft und als juristische Doktrin hat an ihrer Aktualität nichts eingebüßt.Was zunächst einmal die Frage nach derWissenschaftlichkeit betrifft, zeigt der Rechtsdogmatiker eine gewisse Ängstlichkeit, was in einer Zeit, in der dieWissenschaft so gut wie ausschließlich vom empirischen Studien dominiert wird, verständlich ist.Dies stellt ein Problem in sich dar, da sich die empirischen Forschungsvorlagen nicht auf das Studium eines Objekts mit normativem Charakter, anwenden lassen. Die Einsicht über diese, im Verhältnis zur Gesellschaftswissenschaft abweichenden Ausrichtung, war nicht immer aufbauend für das rechtswissenschaftliche Selbstvertrauen.41Wenn man dann zu der Frage der Praxisrelevanz der Rechtsdogmatik kommt, gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Auffassungen, die jedoch darin übereinstimmen, dass sie keinen Zusammenhang zwischen der Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit und deren Bedeutung für die praktische Anwendung voraussetzen.42 Trennt man die Frage nach derWissenschaftlichkeit von deren Bezug zur Praxis, geht man gewisse Risiken ein. Praxis ohne Theorie, nach dem Modell, das Kirchmann befürwortet, kann dadurch attraktiv erscheinen, dass die Rechtsanwendung scheinbar ein allgemeines Rechtre cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 230 40 Stahl, Rechtswissenschaft oder Volksbewußtsein, S. 11. 41 Der Strafrechtsprofessor, später Professor für allgemeine Rechtslehre, Ivar Agge, war einer derjenigen, der die Juristen dazu ermahnte eine neueWissenschaftlichkeit in der Schnittstelle zu den Gesellschaftswissenschaften zu suchen.Er stellte heraus, dass die Rechtswissenschaft unter dem Druck der sogenannten kritischen Philosophie (Uppsalaschule) und demVormarsch der Gesellschaftswissenschaften, insbesondere der Soziologie, unter einer großen Unsicherheit über die Identität der eigenen Tätigkeit leide. Diese Entwicklung habe bei Juristen, so Agge, ein „lähmendes Gefühl wissenschaftlicher Unterlegenheit“ verursacht. Siehe Ivar Agge,Till frågan om rättsvetenskapens gränser, Festskrift till Nils Herlitz, Stockholm1955, s. 3. 42 In der Literatur wird sogar die Auffassung vertreten, dass die Rechtswissenschaft eine rein akademische Disziplin sei, dessenVertreter sich außerhalb des Rechtssystems befänden. Das Ergebnis einer solchen Argumentation ist, dass der Rechtsdogmatik keinerlei Nutzen für die Praxis beigemessen werden kann. Siehe Jan Hellner, Rättsteori, 2.Auflage, Stockholm1994, S. 62, 115 f.). Zusammenfassung
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