ten, welche Ziele des Rechts noch eine gesellschaftliche Relevanz besitzen: Der Zweck dieser historischen Untersuchung war „eine Erfüllung der Gerechtigkeit“ und „nicht ihre Zerstörung“, wie von Kirchmann behauptet, zu erreichen. Das doppelteVerständnis von Recht, das grundsätzlich dieTheorieund Praxisprobleme löste, sei eine Anforderung, die an alle Juristen, unabhängig von ihren Fachgebieten, gestellt wurde. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Fachrichtungen waren nur gradueller Natur.Während der Rechtswissenschaftler auf den begrifflich systematischen Zusammenhang im Recht fokussierte, und die konkreten Fälle, ohne den Zusammenhang zwischen den beiden Polen zu brechen, im Hintergrund beließ, machte der Richter das genaue Gegenteil. Seine Perspektive waren die Besonderheiten des Einzelfalles, die er mit Rücksicht auf die Forderungen der formellen Rechtssicherheit in den richtigen systematischen Kontext einordnen musste. Zwischen der Perspektive des Einzelfalls und der systematischen Perspektive bestand somit kein wirkliches Gegensätzlichkeitsverhältnis. Der Zusammenhang lässt sich vielmehr als eine variable Skala bezeichnen, auf der sich der Zusammenhang zwischenTheorie und Praxis ständig danach richtet, welche Position der Jurist bei der Betrachtung des Rechts einnimmt. Die diversen Rechtspositionen können „nur durch die verschiedeneVertheilung von Licht und Schatten unterschieden seyn“39, um mit Savigny zu sprechen. Es lässt sich damit schlussfolgern, dass das Recht aus einer unzertrennlichen Einheit zwischen einem praktischen und einem theoretischen oder wissenschaftlichen Element besteht. Stahl, der hiermit glaubte, dieThese Kirchmanns von derWertlosigkeit der Rechtswissenschaft für die Praxis widerlegt zu haben, stellte fest, dass Kirchmanns Angriff sich inWahrheit nicht gegen die Rechtswissenschaft, sondern gegen das Recht an sich richtete, „d.i. das poc la e s p ete r s on 229 38 Ibidem. 39 Zitat Wilhelm,Walter, Zur juristischen Methodenlehre im 19. Jahrhundert, Frankfurt am Main 1958, S. 17. /…/ durch die gelehrteste historische Forschung ist wirklich nicht ein Mittel, um bloß kunstmäßig aber ungerecht, sondern das natürliche und unvermeidliche Verfahren, daß wo das Urtheil von frühern Voraussetzungen abhängt, dieseVoraussetzungen auch untersucht werden.38
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