unabhängig davon, ob das positive Recht und seine wissenschaftliche Darstellung ein Gewinn für das Leben ist“.29 Da Kirchmann nicht einmal denVersuch unternommen hat, den Nachweis zu führen, dass die Rechtswissenschaft dieser Aufgabe nicht gewachsen sei, fällt, so Stahl, seine ersteThese, dass die Rechtswissenschaft alsWissenschaft wertlos sei. Nicht besser stehe es, so Stahl, um Kirchmanns Argumentation über den ungesunden Einfluss der Rechtswissenschaft auf die Gesellschaft: Es ist also ein fataler Fehler, in der Kritik an der praktischen Funktion der Rechtswissenschaft,Rechtsbildung und Rechtsanwendung zu vermischen, wie Kirchmann es getan hatte. In Bezug auf dasVerhältnis der Rechtswissenschaft zur Rechtsbildung oder Rechtsentwicklung, gab Stahl zu, dass die Rechtswissenschaft zwar von einer „Anhänglichkeit an das Bestehende“ gekennzeichnet sei, aber abgesehen von derTatsache, dass die Rechtswissenschaftler nicht die Einzigen seien, die das Bestehende schützen wollen, lag es in der Natur der Sache, im Namen der Rechtsicherheit plötzliche und unüberlegte Veränderungen zurückzuhalten, die gleich „einerWindsbraut“ das öffentliche Leben verwüsten könnten. Selbst wenn etwas Wahres in der Behauptung lag, dass die Rechtswissenschaft eine zurückhaltende Kraft habe, konnten deren Praktiker sich im Gegenzug damit rühmen, dass jegliche Rechtsentwicklung aus ihrerTätigkeit entsprang. Stahl verweist auch auf die Fixierung der Entwicklung des Volksrechts und des Staatsrechts, insbesondere auf dasVerfassungsrecht, alles Gebiete, in denen die Rechtswissenschaft denWeg für Reformen geebnet hatte. Eine Erläuterung war jedoch angebracht: c la e s p ete r s on 225 29 Ibidem. 30 Stahl, S. 8. DieVorzüglichkeit der Jurisprudenz für die Rechtspflege/Praxis Nicht besser steht es um die Argumente, welche die Wertlosigkeit der Rechtswissenschaft für das Leben darthun sollen. Wir müssen hierbei nothwendig die zwei Momente unterscheiden, die der Verf. überall vermengt und als Eins behandelt: die Legislation und die richterliche Anwendung.30 „Das versteht sich von selbst: von der Jurisprudenz als solcher kann keine Grundumwandlung des Bestehenden ausgehen; aber die juristische Bild-
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