wissenschaft2, schon seit langem den Anspruch aufgegeben hat, den Zusammenhang zu bewahren, nämlich die Studien des geltenden Rechts in einem wissenschaftlichen Legitimationsgrund zu verankern. Während sich Rechtsdogmatiker auf verschiedeneWeise gegen diese Frage wehren, verteidigen die Vertreter anderer rechtswissenschaftlicher Disziplinen, wie der Rechtsgeschichte, der Rechtsphilosophie und der Rechtssoziologie, aufgrund ihrerVerwandtschaft mit den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, ein wissenschaftliches Alibi. Das Misstrauen gegenüber dem wissenschaftlichen Status der Rechtslehre ist nicht ausschließlich ein modernes Phänomen.Vielmehr können dessen Ursprünge ins 19. Jahrhundert zurückverfolgt werden, in die Zeit, in der die moderne Sicht auf die Rechtswissenschaft etabliert wurde. Nicht einmal das eigentliche Hauptproblem - die Spannung zwischen der rechtsdogmatischen Bearbeitung des Rechts und dessen praktischer Anwendung - bietet den Reiz des Neuen.Vielmehr handelt es sich bei der heute immer bedeutenderen Dichotomisierung eher um das Echo einer rechtstheoretischen Debatte aus dem19. Jahrhundert.Will man aber die tiefere Problematik verstehen, die sich hinter unserer heutigen Skepsis gegenüber der Rechtsdogmatik verbirgt, sowohl was ihre Wissenschaftlichkeit, als auch was ihre Stellung als Rechtsquelle betrifft, ist es geboten zu einem Entwicklungsstadium der Rechtswissenschaft zurückzukehren, in dem die Positionen noch schärfere Konturen hatten und die Argumente mit erstaunlicher Präzision vorgetragen wurden. 1847wurde vor der Juristischen Gesellschaft in Berlin3 einVortrag gehalten, der einen der bekannteren Juristenstreits der Rechtsgeschichte auslöste. Der Streitpunkt war, ob die Rechtswissenschaft wirklich eine Wissenschaft sei und des Weiteren, ob sie irgendeine Bedeutung für re cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 214 2 Traditionell bezeichnet man mit Rechtswissenschaft die Rechtsdogmatik. Der Begriff Rechtswissenschaft hat sich mittlerweile dahingehen entwickelt, dass er auch Disziplinen wie Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie umfasst. In diesem Beitrag soll dieWissenschaftlichkeit der Rechtsdogmatik der Gegenstand des Interesses sein. 3 Über die juristische Gesellschaft in Berlin, siehe Rudolf Wiethölter, Julius Hermann von Kirchmann (1802-1884). Der Philosoph als wahrer Rechtslehrer, in Streitbare Juristen, Kritische Justiz Baden-Baden 1988, S. 51, Fn. 8. Julius Hermann von Kirchmanns Abrechnung mit der Rechtswissenschaft seiner Zeit
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