Nach dem Krieg erfolgte eine weitere Abschwächung der Rezeption: Bei der Rezeption des schweizerischen SR1922 und des PGR1926 wich man von der Vorlage auch ohne direkte Veranlassung zumTeil sehr stark ab, ebenso bei der Übernahme der ABGB-Teilnovellen. Völlig neu war die Schaffung eigenständigen Rechts im Gesellschaftsrecht, wo auch andere Rezeptionsquellen als das bislang herangezogene österreichische und schweizerische Recht Berücksichtigung fanden. Paradebeispiel sind die dem common law nachempfundenen Regelungen der Treuhänderschaft. Daraus wird ersichtlich, daß es sich bei der liechtensteinischen Privatrechtsordnung um ein “Konglomerat” von Rechtsvorschriften handelt, die zum Teil österreichischer Herkunft sind (d.i. das Eherecht, das Recht der Eltern und Kinder, das Erbrecht, Teile des Schuldrechts), zumTeil nach Schweizer Muster gestaltet wurden (d.i. das Personenrecht, das Recht derVormundschaft und Beistandschaft,Teile des Schuldrechts, das Sachenrecht) und zumTeil eigenständig geschaffenes Recht (d.i. das im PGR zusammengefaßte Recht derVerbandspersonen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit,Teile des Eherechts) darstellen. Eine solche “zusammengesetzte Rechtsordnung” ist für einen Kleinstaat, der mit der Schaffung undWeiterbildung einer eigenständigen Rechtsordnung überfordert wäre, zwar nichts ungewöhnliches, sie wirft aber hinsichtlich der praktischen juristischen Arbeit und hinsichtlich der Fortbildung des rezipierten Rechts erhebliche Probleme auf. Schwierig wird es insbesonders dann, wenn die Weiterentwicklung der Rezeptionsgrundlage im Ursprungsland nicht mitgemacht wird. Abgesehen davon, daß das rezipierte Recht erstarrt, anstatt sich weiterzuentwickeln, wird dadurch auch die Anwendung der mitübernommenen Hilfsmittel problematisch. Empfehlenswerter wäre es demnach, mit der Entwicklung des Ursprungsrechts möglichst Schritt zu halten, sofern es nicht gute Gründe gibt, das übernommene Recht für die lokalen Bedürfnisse zu adaptieren. In Liechtenstein hat man die mit e l i s a b e t h b e r g e r 78
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