d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 77 Wenn man nun aufgrund dieser Ausführungen die Entwicklungsgeschichte des liechtensteinischen Privatrechts überblickt, so zeigt sich, daß derTransfer ausländischen Rechts in die liechtensteinische Privatrechtsordnung in unterschiedlicher Intensität und auf unterschiedliche Weise erfolgte: 39 Die vollkommenste Form der Rezeption begann1812 mit der - sieht man vom Erbrecht ab - unmodifizierten Übernahme des österreichischen ABGB. Ergänzt durch die Verordnungen von 1818 betreffend die automatische Übernahme der zum ABGB ergehenden Hofdekrete und Hofkanzleidekrete sowie jene von 1819 betreffend das Oberlandesgericht Innsbruck als dritte Gerichtsinstanz für Liechtenstein. Damit sollte gewährleistet werden, daß das imWege einer “automatischen Rezeption” übernommene Recht sich auch konform mit dem Ursprungsland weiterentwickelt, wozu es neben der Rezeption auch der Koordinierung der Rechtsprechung bedurfte. Diese Vorgangsweise hatte denVorteil, daß dadurch sämtliche Hilfsmittel, also die Gesetzesausgaben, Kommentare u.ä., uneingeschränktVerwendung finden konnten. Dabei blieb es bis 1843, als man zu einer Form des Rechtstransfers überging, die man als “verzögerte Rezeption” bezeichnen kann. Zwischen dem Inkrafttreten der Gesetze im Ursprungsland und der Übernahme in Liechtenstein vergingen oft mehrere Jahre. Die Folge davon war, daß das übernommene Recht mangelsWeiterentwicklung veraltete und ein Rechtszustand aufrechterhalten wurde, der im Ursprungsland des rezipierten Rechts bereits überwunden war. Daran schloß sich das Stadium des Rechtstransfers in Form von adaptiertem Recht. Die Adaption, wie sie z.B. die ZPO und die JN betrafen, beschränkte sich bis zum Ersten Weltkrieg allerdings nur auf unbedingt nötige Abänderungen, die aus abweichenden lokalenVerhältnissen folgten, z.B. daraus, daß es damals in Liechtenstein nur ein Gericht 1. Instanz gab. 39 Siehe hierzu Gschnitzer, Lebensrecht (wie Anm. 31), 32ff.
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