Das Unbehagen, das die §§ 13 und 14 BGB auslösen, greift tiefer. DieVorschriften stellen mit ihrer Perspektive, die den Menschen im Privatrecht in Funktionen auflöst, die staatliche Kontrolle und staatlichen Schutz fordern, das europäische Privatrechtsbild insgesamt in Frage. Der Mensch des Privatrechts wird entwertet, wenn man an ihm im Personenrecht nur das Produzieren und Konsumieren herausstellt. Der Privatrechtskosmos sichert die freie Person schon um ihrer selbst willen und in ihren gesamten privaten Lebensbezügen, nicht erst als eine von einem System funktionell in Pflicht genommene Person, auch wenn dieses System so mächtig und allgegenwärtig ist wie die Wirtschaft. Es zeigt sich in diesem verkürzenden Blick ein tiefer Mangel an strukturbildender Kraft, an menschlicher im sozialen Raum wirkender Poiesis, wie sie bei allerVerschiedenheit der gründenden Gedanken auf den verschiedenen Stufen der Entwicklung des römischen und gemeinen Rechts zu beobachten war und wie sie auch in den großen Artikeln des Grundgesetzes zumAusdruck kommt.72 Es scheint dies, wenn man einer Beobachtung d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 59 71 Siehe insofern insbesondere die scharfe, aber prägnant substantierte Grundsatzkritik von Werner Flume,Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung, ZIP 2000 S. 1427 - 1430; zu einem Ausschnitt aus dem Verbraucherschutzrecht Rolf Knütel, Das Verbraucherkreditgesetz als mißlungenes Gesetz, in: Uwe Diederichsen/Ralf Dreier, Das mißglückte Gesetz, 8. Symposion der Göttinger Akademie-Kommission “Die Funktion des Gesetzes in Geschichte und Gegenwart” (1997) S. 62 - 92. 72 Man braucht nur die ersten Artikel zu lesen, um einen Eindruck davon zu gewinnen, wie sehr das Grundgestz in alteuropäischer Tradition die Anerkennung tragender menschlicher Freiheits- und Gerechtigkeitswerte mit derVorstellung einer strukturierten, von Recht und Gesetz nach dem Gleichheitsprinzip geregelten Rechtsordnung zu verbinden versucht. Art. 1Abs. 1 Satz 1 GGDie Würde des Menschen ist unantastbar. Satz 2 Sie zu achten und zu schützen istVerpflichtung aller staatlichen Gewalt. Abs. 2 Das DeutscheVolk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Abs. 3 Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Art. 2 Abs. 1 Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rede anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Abs. 2 Satz 1 Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Satz 2 Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Satz 3 In diese Rechte darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Art. 3 Abs. 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
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