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fähig war dieses System, dessenWert in seiner formalen Ausdifferenziertheit bestand, nicht. Das Scheitern der Kodifikationspläne, wie sie sowohl von Julius Caesar als auch von Pompejus Magnus verfolgt worden waren, wird damit zusammenhängen.35 Unter der Herrschaft der vorklassischen Jurisprudenz wäre eine prinzipiengeleitete Erneuerung des Zwölftafelgesetzes sinnvoll gewesen. Mit Prinzipien läßt sich ein Gesetzbuch abfassen. Die klassische vom Edikt her gedachte Jurisprudenz, in der alles auf die bis ins letzte durchgeführten Formen ankam, hatte mit dem Edikt die ihr adäquate Gestalt gefunden und war für eine Überführung in eine abgeschlossene Buchform ganz ungeeignet. Die Kaiserzeit brachte durch die religiöse Legitimation seiner Herrschaftsidee36 eine Redynamisierung des Privatrechts, wenn auch gemildert durch den Antagonismus der beiden Rechtsschulen, dem seit Augustus die Frage der richtigen Privatrechtsordnung demWettbewerb der beiden großen rechtswissenschaftlichen Entwürfe überlassen worden war. Es handelte sich um einen domestizierten und zugleich auf lange Sicht in Richtung auf Konvergenz zu einer einheitlichen kaiserlichen Rechtsordnung ausgerichteten Wettbewerb.Träger der Rechtsgeltung o k k o b e h r e n d s 38 35 Isidor von Sevilla berichet davon in seinen Etymologien, und zwar, darin ersichtlich der uns bekannten Tradition folgend, in dem er zunächst ausführlich der Zwölftafelgesetzgebung gedenkt, nicht ohne vorher Solon und Lykurg zu nennen und die Dezemvirn mit Solon in Beziehung zu setzen. Vgl. dazu oben Anm. 22. Er fährt dann fort (II 5): Leges autem redigere in libris primus consul Pompeius instituere voluit, sed non perseveravit obtrectatorum metu. Deinde Caesar coepit id facere, sed ante interfectus est. (Die Rechtsnormen in Bücher zu ordnen, hat zuerst Pompeius unternehmen wollen, aber er hat aus Furcht vor Tadlern nicht daran festgehalten. Darauf begann Caesar es zu tun, wurde aber vorher ermordet.) Es ist bezeichnend für die Prägung der Tradition, aus der Isidor schöpft, daß nicht von einem corpus iuris im Sinne des vorklassischen Zwölftafelgesetzes, sondern ganz nüchtern von einem in libris redigere die Rede ist. Die Kodifikation beginnt dann für Isidor in der nachkonstantinischen Aera mit Theodosius II; die dessen Codex folgende Gesetzgebung Justinians wird vom spanischen Bischof (etwa 570-636) nicht erwähnt. 36 Vgl. hierzu meinen Beitrag, Der Ort des Ius divinum.Vom klassisch-republikanischen Rechtssystem des skeptischen Rationalismus zur Rechtsquellenlehre des religiös legitimierten Kaisertums, in: de Wall/Germann (Hrsg.), Bürgerliche Freiheit und christliche Verantwortung. Festschrift für Christoph Link zum 70. Geburtstag, Tübingen 2003, S. 557-585.

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