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Zugleich bezeichnet die ars die praktische, aus Einzelbegriffen zusammengesetzte Wissensform, die – im Gegensatz zur Allwissenheit, die nur dem Idealbild des Weisen zugänglich ist – auch dem nach Wissen strebenden empirischen Menschen erreichbar ist.26 Es ist ein systematisches Wissen, aber als solches zusammengesetztes Stückwerk und daher auch in der Praxis mit dem Risiko der richtigen Anwendung behaftet . Es ist diese praktische Kunst, die Cicero in Bezug auf die Jurisprudenz seiner Lehrers Augur als prudentia quaedam ex alio genere umschreibt. Savigny hat daher die Gegenwart des organischen Denkens im römischen Recht richtig empfunden und auch zutreffend erkannt, daß zwischen wissenschaftlichem System und praktischer Kunst kein Widerspruch besteht, vielmehr alles darauf ankommt, sie durch die Art und Weise der Berufsauffassung zu einer Einheit zu verbinden.27 Er war allerdings denkbar weit entfernt, diese in den römischen Quellen begegnende Denkweise mit ihren stoischen Anfängen inVerbindung zu bringen. d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 31 eßt, ist nur einmal τέχνη mit constructio (Zusammenfügung einzelner Stücke insbesondere im Bauwesen) wiedergegeben. Der Übersetzungsversuch erinnert an den Begriff der Konstruktionsjurisprudenz.Vgl. nur Franz Wieacker, Die juristische Sekunde. Zur Legitimation der Konstruktionsjurisprudenz, in: Hollerbach/Maihofer/ Würtenberger (Hrsg.), Existenz und Ordnung, Festschrift ErikWolf zum60. Geburtstag, 1962, S. 421-453. 26 Daß die κατάληψεις, die als begriffene wahre Sachverhalte in ihrerVerbindung das System bilden und zwischen Wissen und Meinen angesiedelt sind, nach stoischer Lehren allen Menschen zugänglich sind, erläutert die Stelle v. Arnim, Stoicorum Veterum Fragmenta I S. 29 Ziff. 90 (Sextus adv. math.VII 151). Daher ist es dieser Lehre möglich zu sagen, daß das gesamte, gegliederte Recht, das von der Natur geschaffen ist (v. Arnim III S.76 Nr. 308 [Diog. Laert.VII 128]), grundsätzlich, d.h. in seinen Prinzipien, von Natur aus erkannt wird (v. Arnim II S. 29 Nr. 87 [Diocles Magnes apud Diog. Laert.VII 52]). Da die Beachtung des Rechtssystems nicht im Zustand der – demWeisen vorbehaltenen – Allwissenheit geschieht, bewegt sie sich auch bei den Juristen und Richtern im Bereich der (media) officia, der Pflichterfüllung der strebenden Menschen. Es genügt daher zur Pflichterfüllung, daß derjenige, der rechtlich handelt, dafür eine wohlbegründete, aus dem Recht abgeleitete Rechtfertigung zu geben vermag.Vgl. v.Arnim, StoicorumVeterum Fragmenta III S. 134 Ziff. 494 (Stobaeus ecl. II 85, 13). 27 Vgl. hierzu und zum folgenden auch meine Savigny-Interpretation in Okko Behrends/Malte Diesselhorst/Wulf Eckart Voss, Römisches Recht in der europäischen Tradition, Symposion aus Anlaß des 75. Geburtstages von FranzWieacker, (1985) S. 275 - 321.

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