Entscheidend dafür, wie gut der Jurist den juristischen Stoff beherrscht ist also das Bewusstsein des Juristen, oder dessen Gegensatz. Der unbewusste Jurist dient dem rechtlichen Stoff und wird in seiner juristischen Argumentation mal hierhin und mal dorthin getrieben. Nur ein bewusstesVerhalten – eine Methode – ermöglicht es dem Juristen, sein eigenes Arbeitsmaterial zu beherrschen. Fraglich ist jedoch, worin die lebende, bildende Kraft besteht, die das Recht in einWerkzeug für, nicht ein Hindernis gegen, eine gute Rechtsanwendung verwandelt. Savignys Antwort war kaum überraschend. Nur “eine gründliche Rechtswissenschaft” kann die Juristen lehren, “diesen historischen Stoff frey als unser Werkzeug zu gebrauchen.”23 Mit Hilfe der “strenge[n] historische[n] Methode der Rechtswissenschaft”24 soll dem Inhalt der Rechtsquellen zum ersten Mal eine wirkliche Einheit und Struktur gegeben werden. Die Tatsache, dass Savigny eine historische Methode vertrat, darf jedoch nicht dahingehend gedeutet werden, dass die Kritiker der Kodifikation am Alten festhalten wollten; “[d]er Character derselben besteht --- nicht darin, dass sie die unbedingte Beybehaltung irgend eines gegebenen Stoffs verlangt.”25 Das historische Element des Rechts hat bei Savigny eine ganz andere Bedeutung. Ziel der historischen Methode war es nämlich, “jeden gegebenen Stoff bis zu seiner Wurzel zu verfolgen, und so ein organisches Princip zu entdecken, wodurch sich von selbst das, was noch Leben hat, von demjenigen absondern muss, was schon abgestorben ist, und nur noch der Geschichte angehört.”26 Die d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 253 22 Savigny, a. a. O., S. 69. 23 A. a. O. ibidem.. 24 A. a. O., S. 71. 25 A. a. O. ibidem. 26 A. a. O., S. 72. bewusstlos dienen, wohlthätig, wenn wir ihm eine lebendig bildende Kraft entgegen setzen, durch historische Ergründung ihn unterwerfen, und so den ganzen Reichthum der vergangenen Geschlechter uns aneignen”22
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