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Novellen, die er zwar nicht mehr selber gesammelt, aber von vornherein für notwendig gehalten und in großer Zahl erlassen hatte.8 Wenn man genau hinsieht, bilden seine vier Elemente, das in den Institutionen repräsentierte Lehrbuch, die in den Pandekten dargebotene Wissenschaft, die im Codex gesammelte und in den Novellen fortgeführte Gesetzgebung schon äußerlich-funktionell eine organische Einheit, da jedes entwickelte Recht gelehrt, wissenschaftlich bearbeitet und fortdauernd gesetzlich geregelt werden muß. Eine von Savigny zitierte zeitgenössische Stimme aus Frankreich konnte daher den Code civil mit einem ergänzungsbedürftigen, ohne Pandekten und Codex daherkommenden Institutionenwerk vergleichen.9 Justinian selbst verwendet den Ausdruck Corpus iuris in Aufnahme einer bis in die vorklassische Zwölftafelinterpretation zurückreichenden Redeweise in einem die potentielle prinzipielle Einheit des Rechts betonenden Sinn. Er verwendet ihn in einer “urbi et orbi” verkündeten Konstitution zu Beginn der Kodifikationsarbeiten in den ersten Worten eines diese vorbereitenden Reformgesetzes, um den Rang der – das Recht der Mitgiftrückforderung – betreffenden Neuregelung zu betonen. d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 21 8 Vgl. constitutio Cordi, in der Justinian sich selber äußert. Nachdem er die Novellen, die nach ersten Ausgabe des Codex erschienen seien, in dessen zweite Auflage habe vereinigen lassen (§§ 2, 3), würden die künftigen Novellen, mit denen gewiß zu rechnen sei, in einer anderen Sammlung (in aliam congregationem) versammelt werden (§ 6). 9 Savigny referiert (p. 80 f.) ein Urteil des Tribunals von Montpellier, in dem es zum Verhältnis des Gesetzbuches zu den durch dasselbe nicht hinreichend orientierten Gerichte heißt, ein unvollständiges Gesetzessystem (un systême incomplet de legislation) erhalte zur Ergänzung einen mangelhaften, weil vonWillkür bedrohten Gerichtsgebrauch (une jurisprudence défectueuse).Abhilfe könne aus dem Blickwinkel des Gerichts nur auf zwei Weisen geschaffen werden. Man könne den Code blos betrachten als Institutionen und ihm ein zweyte, ausführlicheresWerk beygeben, was den Zweck von Justinians Pandekten und Codex hätte oder man könne als Regel das bisherige, verschiedene Recht bestehen lassen, und bloß in einzelnen bestimmten Stücken neues und gleichförmiges Recht in ganz Frankreich einführen, das heißt also, kein Gesetzbuch machen. Das Gericht favorisierte damals ganz in Savignys Sinn den zweitenWeg. CJ 5,13,1 pr [530] Imp. Iustinianus A. ad populum urbis Constantinopolitanae et universos provinciales

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