RS 23

d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 197 Das Hauptproblem für Mazeaud-Chabas ist die Situation contra legem. Die Lösung des Problems (Kann Sitte ein Gesetz verdrängen?) ist davon abhängig, ob das Gesetz impérative (obligatorisch) oder supplétive (dispositiv) ist. In ersterem Fall muss die Sitte unerbittlich weichen. Im zweiten Falle, meint Mazeaud-Chabas, im Gegensatz zu den Rechtswissenschaftlern, welche ansehen, dass das gesamte le droit commercial an sich eine natürliche Selbständigkeit gegenüber dem Gesetzgeber genießt, dass auch das dispositive Gesetz in zweifelhaften Fällen eher angewendet werden sollte, wenn nicht die Parteien etwas anderes ausdrücken.119 Marty-Renaud weist so wie frühereVerfasser das Argument der stillen Gutheißung des Gesetzgebers ab, und betont die eigene rechtsbildende Kraft der Sitte.120 Die Schwerüberschaubarkeit desWirtschaftslebens und das Entstehen der Informationsgesellschaft begünstigen “einen erhöhten Konformismus” gegenüber dem schnell veränderlichen Handelsbrauch, auf Kosten der Gesetzgebungsmacht.121 Terré weist die zuweilen erörterte Idee ab, dass die Sitte eigentlich unter den Begriff der Praxis fällt. Die subjektive Überzeugung, dass eine gewisse Handlungsweise geboten ist, kann unmöglich unabhängig davon sein, in der Rechtsprechung der Gerichte einer Prüfung unterzogen zu werden. Ungeachtet davon, ob eine Sitte eine positive Anerkennung in der Rechtsprechung erhalten hat oder nicht, ist die Sitte eine eigene “indirekte Rechtsquelle” und muss unter seinen eigenen 119 “Nous estimons ... que l’usage peut se créer d’écarter expressément une loi supplétive (clause de style). Mais justement, l’usage n’est que de cela : il n’est pas respecté si la loi n’est pas expressément écartée par les parties; la permanence de la loi la rend alors applicable.”, s. 124. 120 “La coutume apparaît ici comme une règle douée d’une force propre. On ne peut ... attacher grand crédit à ceux qui parlent d’une règle constitutionnelle tacite, ou d’un consentement implicite résultant du silence du législateur. C’est pourquoi son existence et son autorité sont beaucoup plus controversées.”, Marty-Renaud, supra n. 92, s. 206. 121 “On peut se demander ..., à supposer que les dépouillements par ordinateurs des décisions et évaluations judiciaires entrent dans la pratique courante, si les résultats obtenus, les moyennes dégagées, ne tendent pas à creer de puissants conformismes à vocation coutumière. ... une «juridicisation» des usages sociaux est certainement réalisée à l'intérieur de notions ...”, s. 210.

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