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r i c h a r d n o r d q u i s t 164 die rein intellektuellen Möglichkeiten der Reformbefürworter haben sollen, neue Gesetzbücher zu schreiben. Die Unfähigkeit der Philosophie, ein gemeinsames Naturrecht endgültig festzuschreiben, zeigte sich jedoch in der Kodifikationsbewegung. Die materiellen Bestimmungen des ALR hielten die feudale Standesgesellschaft mit der, dem Menschen angeborenen, Ungleichheit und Standeszugehörigkeit als Leitsätze aufrecht. Der Code Civil ist im Gegensatz dazu von den Schlagworten Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit der französischen Revolution geprägt, und daher durchdringen die Prinzipien der Autonomie des freien Willens das gesamte Gesetzeswerk.21 Der Reformismus der Aufklärung zeichnete sich durch eine Abwertung der Geschichte aus. Die historische Schule war teilweise eine konservative Gegenreaktion,22 in größeremAusmaße jedoch eine Folge der Romantik und der idealistischen Philosophie, welche Herder, Kant, Fichte und Schelling formulierten. Dazu kam Hegels historische Philosophie. Im Zentrum stand eine neuer Gesamtsichtweise des Daseins. Dies jetzt als ein Produkt der Geschichte zu verstehen, ist eine Banalität. Das Neue lag in der starken Gewichtung, welche man der Geschichte als wissenschaftlicher Erklärungsfaktor zuschrieb. Das Jetzt wurde als ein in jedem Augenblick vorläufiges Resultat jeder vorherigen Entwicklung gesehen und stand damit in einem direkten i i . savignys gegenpos i t ion 21 “The ideal man in the mind of the draftsmen is ... the man of property, the responsible man of judgment and reason, knowledgeable about affairs and familiar with the law, and it is this ideal that gives the Code its particular flavor. ... the existence of the bourgeoisie depended on guaranteed personal freedom, especially the freedom to engage in economic activity...”, Zweigert - Kötz, supra n. 2, s. 93. 22 “Auf die gleiche Weise, wie die Heilige Allianz sich gegen die Französische Revolution richtete, war die Romantik eine Reaktion auf die Aufklärung. Sehr vereinfacht kann man sagen, dass die Aufklärung ein rationelles Denken, aber dazu auch empirische Forschung betonte, die Romantik hingegen geschichtliche Kontinuität, derWert des Dauerhaften und die Bedeutung der Gefühle zu Lasten derVernunft”, L. Björne, Brytningstiden - Den nordiska rättsvetenskapens historia, Del II, Lund (1998), s. 229.

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