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offenkundig, daß die rechtswissenschaftlichen Begriffe und Prinzipien, welche auf diese Weise die Kodifikation tragen und als Inhalt eines Gesetzes zusätzliche Geltung erlangt haben, für ihre Anwendung und Weiterentwicklung ein ihrer Natur entsprechendes methodischesVerständnis und damit den rechtswissenschaftlich ausgebildeten Juristen verlangen. Der insofern zur Kodifikation gehörende rechtswissenschaftlich ausgebildete Jurist ist aber heute keineswegs auf den Universitätslehrer beschränkt, sondern hat im Gegenteil in der Moderne einen immer deutlicher sich herausbildenden Schwerpunkt bei dem an den Universitäten ausgebildeten und mit der von ihr ausgehenden wissenschaftlichen Literatur in dauerndem Kontakt bleibenden Richter. Der außerordentliche Gewinn an Stoffkonzentration, Übersichtlichkeit, Klarheit und Kontroversenfreiheit, der durch die modernen Gesetzbücher erreicht worden ist, hat bewirkt, daß die Gerichte sich von der früher bestehenden Abhängigkeit von den Juristenfakultäten befreien konnten. Der Wegfall der im19. Jahrhundert noch nicht ganz seltenen Versendung der Gerichtsakten an die Juristenfakultäten ist dafür ein Symptom. Die Richter sind heute selbst Akteure der Rechtswissenschaft, die sich selbständig über den Meinungsstand unterrichten und ihn durch ihre Urteile nicht selten weiterführen. Das Bündnis zwischen Gesetzgebung und Dogmatik, zwischen legislatorischer Staatsgewalt und Rechtswissenschaft, das der Kodifikation zugrundeliegt1, besteht daher zwischen staatlicher Gesetzgebung und einer Rechtswissenschaft, die, ohne darum gespalten zu sein, sich in eine akademische und eine forensische Rechtswissenschaft gliedert. Der einheitliche wissenschaftliche Geist des Gesetzbuches, der im Zentrum dieses Beitrags steht, ist von Anfang an ein Signum der Kodifikation. Savigny, der dasWort Kodifikation noch nicht o k k o b e h r e n d s 16 1 Vgl. dazu meinen Beitrag: Das Bündnis zwischen Dogmatik und Gesetzgebung, in: Okko Behrends /Wolfram Henckel (Hrsg.), Gesetzgebung und Dogmatik (1989) S. 936.

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