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“Ausgehend von der Parlamentsdeklaration vom 7. Oktober 1992 über dieWiederherstellung derVerfassungsmässigen Staatsmacht sind bei der Vorbereitung der Gesetzesentwürfe die in der Republik Estland vor dem16. Juni 1940 gegoltenen Gesetze zu berücksichtigen.”1 Das Parlament hat damit seine Unterstützung der Idee voninnovatio per restitutio gegeben. Der Restitutionsgedanke wird zwar etwas abgeschwächt durch die ‘Berücksichtigung’; die vor dem 16. Juni 1940 gegoltene Gesetze wollte man also doch nicht ohne weiteres wieder in Kraft setzen.Trotzdem war die Idee der Restitution der Republik und derer Rechtsordnung ein wichtiges Topos am Anfang der 1990-er. Man soll schon deshalb danach fragen, was für eine Privatrechtsordnung oder exakter mit dem Parlament gesprochen, was für Gesetze im Jahr 1940 in Estland in dem privatrechtlichen Bereich gegolten haben, die bei der Rechtsreform der Jahrhundertwende zu berücksichtigen waren. Als gesetzgeberische Hauptquelle im Privatrecht galt in Estland bis zum16. Juni 1940immer noch das III.Teil des Provinzialrechts für die Ostseegouvernements des Zarenreichts, das von Friedrich Georg von Bunge verfasste “Liv-, Est- und Kurländisches Privatrecht” von1864/65.2 Jenes sog. Baltisches Privatrecht gilt einerseits als eine “der stolzesten Siege” der Germanistik im19. Jahrhundert.3 Andererseits kann man das Gesetzbuch ebenfalls als ein ma r j u l u t s 134 1 Riigikogu otsus 651 seadusloome järjepidevusest [Beschluss der Staatsversammlung Nr. 651über die Kontinuität der Gesetzgebung]. – RiigiTeataja [Staatsanzeiger] 1992, 52, 651. Als Staatsversammlung wird in Estland das Parlament genannt. 2 Provincialrecht der Ostseegouvernements. Dritter Theil. Privatrecht: Liv-, Est- und Curlaendisches Privatrecht. Zusammengestellt auf Befehl des Herrn und Kaisers Alexander II. St. Petersburg 1864. Es wurde gleich eine in Russisch übersetzte Parallelvariante des Gesetzbuches publiziert, die später vom Senat zur offiziellen und verbindlichen Textfassung erklärt wurde: Swod mestnych usakonenij gubernij ostsejskich. Tschast’ tretja. Sakony grazhdanskije. St. Petersburg 1864. Das Gesetzbuch war am12. November 1864 allerhöchst bestätigt ist am1. Juli 1865 in Kraft getreten. Im allgemeinen und m. w. N. zu dem Baltischen Privatrecht: B. Dölemeyer, Das Privatrecht Liv-, Est- und Kurlands von1864. - In: H. Coing (Hg.), Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte. Bd. 3.Teilbd. 2. München 1982, S. 2076 ff. 3 Vgl: E. Landsberg, Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft. III Abth., 2. Hbd,Text. München u. Berlin 1910, S. 561: “Der gelungene Abschluß der Kodifikation des

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