scharfsinnig notierte, im Rahmen eines einzigen Denkens, das zum ersten Mal in der Geschichte die überhistorische, religiöse Dimension als rezessiv berurteilt.23 Mit den Worten des Kaisers ausgedrückt: “Die religiösen Handlungen dürfen niemals über den Gesetzen stehen”.24 Diese beiden Lösungen sind tatsächlich nur scheinbar alternativ und streben stattdessen in einer strukturellenWeise dahin, sich als Etappen eines einzigen säkularisierenden Prozesses zu entwickeln: von der misstrauischen Zusammenarbeit zur Substitution. Als - abgesehen von den personellen Absichten - objektiv machiavellianisches Motto jenes Prozesses gilt ohne weiteres das “réconcilier la révolution avec le ciel”, geradezu glänzend formuliert von Portalis “mâitre d’œuvre” des Codes Napoleon.26 Doch sollte vielleicht nicht vergessen werden, dass Stendhal in seinem nachgelassenenWerk “Vie de Napoléon” (1817-8;192930) ganz pointiert in demselben Kapitel 22 die zwei wichtigsten Errungenschaften des Regime, nämlich Konkordat und Code zusammen behandeln zu müssen glaubte, indem er ganz deutlich die instrumentelle Haltung Napoleons erfasste.26 Dass in der Tat eine solche scheinbar transaktionelle Haltung sich völlig im Rahmen des oben erwähnten postmachiavellianischen Idealtypus bewegte, geht noch klarer daraus hervor, wenn wir einige eindrucksvolle Hinweise Chateaubriands wieder aufgreifen. Dieser notierte auf welcherWeise sogar genealogisch für Bonaparte das alte Frankreich,“l’ancienne France” von p ao l o ca p p e l l i n i 124 23 E.J.Hobsbawm, The Age of Revolution. Europe -, hier nach der italienischen Übersetzung (E.J.Hobsbawm, Le rivoluzioni borghesi 1789-1848, Il Saggiatore, Milano 1963, S. 306.)zitiert. 24 Zitiert nach E.M.Theewen, Napoléons Anteil am Code civil, Duncker & Humblot, Berlin 1991, S.95. 25 In einer Rede von 1802 (“Discours sur l’organisation des cultes”); s. M. Long et J-Cl. Monier, Portalis. L’esprit de justice,Michalon, Paris 1997,S.37 und vgl.A.Antoine, a.a.O., S. 202. 26 Stendhal, Vie de Napoléon, nach der italienischen Übersetzung von Piero Bertolucci (Vita di Napoleone.Congedo dall’idolo di una giovinezza), Bompiani, Milano 1977, S. 61-62.
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