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Carlos Petit 258 Nichtexistenz eines einheitlichen privatrechtlichen Gesetzbuches und rechtfertigt nun, ohne dass man auf die verhasste Erfahrung autonomer Gebiete in einem ^integralen Staat“ zu Zeiten der Republik zuriickgreifen miisste, die normative Festlegung lokaler Rechte (1959-1973), die der Zivilgesetzbuch in Kraft liefi. Ausserdem möchten die Juristen imMittelalter, das sie interessiert, ungeachtet eines verfänglichen ius commune, dessen nicht nur spanische Reichweite und dessen nicht nur legislative Definition es heute zu völliger Irrelevanz verurteilt, die Erscheinung eines vereinten, seit dem Katholischen Könige rassisch und religiös gesäuberten Spaniens sehen. DieJahrhunderte der Neuzeit finden, mit Ausnahme eines „Recht der westlichen Indien (Derecho Indiano)", Beweis der hohen zivilisatorischen Mission, die dem spanischen Reich zukam, kaum Beachtung. Man begniigt sich, daran zu erinnern, dass es Jahre eines unaufhaltsamen Aufstiegs monarchischer Macht sind, und das heifit einer entscheidenen Präsenz des Staates. Das 19. Jahrhundert schliel^lich wird weder erforscht noch gelernt. Man denkt, dass eine fremdbeeinflusste und revolutionäre Etappe, eine Zeit der „Entnationalisierung des spanischen Rechts", keine Beachtung verdient. 1953 ändert sich der Studiengang, nicht aber die weiter oben skizzierte Situation. Die „Geschichte des Spanischen Rechts" und das „Römische Recht" werden in den Fakultäten als Disziplinen einer positivistischen Methode bei nicht positivemGegenstand beibehalten, wobei noch stärker ihre Rolle als einfiihrende Fächer ins Studium der Rechte betont wird. Man geht noch immer von der Idee eines „ewigen Spaniens" aus und von ebensolchen juristischen Ideen. Die erbitterte Rede von der staatlichen Souveränität bringt ein ausschliel^lich nationales Verständnis der Rechtsordnung mit sich, unter entsprechender Kollaboration der "Rechtsgeschichte". Nichtsdestotrotz findet die „Stiftung Pérez" gegen Ende der sechziger Jahre neue finanzierungswtirdige Projekte. Eine hervorragende Persönlichkeit besetzt jetzt einen Lehrstuhl, Francisco Tomas y Valiente, an demwir nun reformerischen Geist hervorheben können und miissen. Durch sein Beispiel, und manchmal auch durch seine direkte Hilfe kann die Rechtsgeschichte der juristischen Fakultäten ihren Interessentenkreis erweitern, und neben den Juristen im strengen Sinn erscheinen nun auch Historiker. Es gilt nicht mehr ausschliel^lich die Mediävistik; Tomas y Valiente selbst lehrt von seiner Professur in Salamanca aus, welche Bedeutung die Umwandlung des Grundbesitzes ftir das juristische Abenteuer des liberalen Spaniens hatte. Es gelten auch nicht mehr ausschliefilich die legislativen und die spanischen Quellen: derselbe ebengenannte Forscher wirkt wegweisend, als er vomius commune und seinen Doktrinen ausgeht, umdas Strafrecht der absoluten Monarchie zu untersuchen. Man erforscht jetzt auch Einrichtungen, die am Rand jeder gestzlichen Definition gelebt und ausgetibt wurden, wie zum Beispiel die Behandlung der Giinstlinge bei Hofe oder den Verkauf von ämtlicher officia.

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