Die rechtshistorische Forschung in Osterreich 243 Befunden auch Ablehnungen gegenuber wie etwa, zeitlich und örtlich unterschiedlich, die der hypotheca tacita, des gemeinrechtlichen Verbots von Erbvertrag und Giitergemeinschaft, des gemeinrechtlichen Erbseinsetzungstestaments, des Vorriickungsprinzips gegenuber der Beibehaltung des Systems der festen Pfandstellen. Als Ergebnis"^' der privatrechtshistorischen Forschung insgesamt ist also fur Kontinentaleuropa ein regional-lokal differenziertes Privatrecht mit gemeinsamen Ziigen und einer erst gemeinsamen, ab 1800 eher blofi gemeinverständlichen Rechtswissenschaft festzuhalten. B. Offentliches Recht Mit seinen starken Beziigen zu den jeweiligen Obrigkeiten und ihren Gemeinwesen sind hier, wie gleichfalls bereits erwähnt, gemeineuropäische Erscheinungen nahezu die Ausnahme. Allerdings sind es gerade hier Strukturen, die sich europaweit in oft verbltiffender Weise gleichen. Dies betrifft etwa die mittelalterlichen Territorien innerhalb wie auch aul^erhalb des Römisch-deutschen Reiches mit ihrem, freilich im Detail oft unterschiedlichen, Dualismus von Fferrscher und Ständen. Strukturelle Parallelen weisen auch etwa im 19. Jahrhundert Staaten mit konstitutionell-monarchischer Verfassung auf oder im20. Jahrhundert solche mit föderativer Organisation sowie jiingst EU-Mitgliedstaaten in Hinblick auf die innerstaatlichen Mechanismen der EU-Beteiligungen. Derartige gemeinsame beziehungsweise ähnliche Strukturen offenbaren doch auch ein gemeineuropäisches Verfassungsdenken. Es schlägt sich dort besonders nieder, wo konkrete gemeinsame Wurzeln vorhanden sind wie etwa im Falle des Rotteck-Welckerschen Staatslexikons als Vorbild fiir die Verfassungen deutscher Staaten'*- oder dort, wo konkrete Vorbilder ausgemacht werden können wie etwa die preufiische Verfassung 1848 fur den österreichischen Verfassungsentwurf 1848/49 imBereich der Grundrechte."*^ Freilich zeigt sich etwa gerade an diesen Beispielen, dal^ die jeweiligen innerstaatlichen Verhältnisse zu Modifikationen nötigen. Das gemeineuropäische Verfassungsdenken hat sich nach 1945 auch zu Gemeinsamkeiten verdichtet wie besonders im Falle der Europäischen Menschenrechtskonvention und der sie vollziehenden Rechtsprechung. Vergleiche zeigen aber auch, daB bestimmte Vorbildwirkungen sich nicht prinzipiell europaweit, sondern eher in einem Kreis ähnlich strukturierter Staaten entfalten. Dies erweist die föderalistische Gestaltung insofern, als sie hauptsächlich Deutschland, Osterreich und die Schweiz betrifft wie etwa das Vorbild des deutschen Reichsrats fiir den österreichischen Bundesrat, der Wei- ■*' Vgl. insbes. W. Brauneder, wie FN 10, 19 f. •*- Z. B. W. Brauneder, Leseverein, wie FN21, 187. W. Brauneder, wie FN36, insbes. 226 f.
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