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WilhelmBrauneder Verbreitung auf Suddeutschland einschliefilich der österreichischen Länder. Allerdings erweist sich damit, daf^ Rechtsbiicher doch einen regionalen Rahmen zu sprengen vermögen wie insbesondere der Sachsenspiegel mit seiner Verbreitung von den Niederlanden bis in die Ukraine. ImFalle des Sachsenspiegels liegt der Ausdehnung nach Osten allerdings eine konkrete Entwicklung zugrunde, nämlich die sogenannte Ostkolonisation vor allem mit der Griindung deutscher Städte. Auf die Selbstverständlichkeit des Uberwiegens der lokalen Gewohnheitsrechtsquellen sei besonders deshalb verwiesen, da letztlich sie sehr wesentlich die Rechtsordnungen bestimmen. Diese regionalen und auch lokalen Quellen verursachen schlieElich die erwähnten Mischformen des lus Romano-hispanicum oder des lus Romano-germanicum mit uberdies örtlichen Differenzierungen. Dazu trug auch die ab etwa 1500 um sich greifende Gesetzgebung wesentlich bei, da sie naturgemäh den einzelnen regionalen und teils auch lokalen Herrschaften als Gesetzgebern entspricht. Nicht zu verkennen sind freilich hier auch iiberregionale Tendenzen — sie sind aber mangels eines sozusagen europäischen Gesetzgebers nicht von europäischem Zuschnitt. Aber selbst eine einheitliche Gesetzgebung fiir das Römisch-deutsche Reich scheitert letztlich an den regional-lokalen Gegebenheiten. Dies anerkennen etwa die Reichspolizeiordnungen insofern, als von der ersten Reichspolizeiordnung 1530 bis zur letzten 1577 detaillierte Regelungen durch Rahmenbestimmungen, die der lokale Gesetzgeber ausfiillen solle, ersetzt werden. Dieses lokal-regional bestimmte Bild bestätigt die Institutionengeschichte.'^° Die konkreten Vertragsgestaltungen des Mittelalters zeigen etwa in den Bereichen des Erbrechts, des Ehegtiterrechts und auch des Sachenrechts lokal-regionale Ausprägungen etwa der Miteigentumsformen oder der Heiratsgaben sowie Giitergemeinschaften, auch der Leiheformen. Dennoch verbergen sich oft hinter verschiedenartigen Bezeichnungen Gemeinsamkeiten oder Ahnlichkeiten. Der Einflufi der gemeineuropäisch ausgerichteten Rechtswissenschaft auf derartige Formen gestaltet sich höchst unterschiedlich. Das Verständnis beispielsweise von Heiratsgut (Heimsteuer etc.) beziehungsweise Widerlegung (Wittum etc.) als dos beziehungsweise donatio propter nuptias, des schlichten Miteigentums ohne Todfallsfolgen als Quoteneigentum, bestimmter letztwilliger Verftigungen als Testament mit konkreter Erbeinsetzung, blol5e Sicherungspfänder als hypotheca, die Verbreitung der Ehescheidungsgriinde Ehebruch und böswilliges Verlassen in protestantischen Gebieten wirken zwar nahezu kontinentaleuropaweit rechtsvereinheitlichend, doch stehen derartigen Das Folgende insbes. nach G. Wesener, wie FN 18; W. Brauneder, wie FN 18; W. Brauneder, Grundbuch und Miteigentum im „Tractatus de luribus Incorporalibus", in: ZRG/GA 1977, 218 ff.; W. Brauneder - G. Jaritz (Hrsg.), Die Wiener Stadtbiicher 1395-1430, Teil I: 1395-1400 (Fontes RerumAustriacarumIII/lO/l), Wien-Köln 1989; W. Brauneder - G. Jaritz - Ch. Neschwara (FIrsg.), Die Wiener Stadtbiicher 1395-1430, Teil II: 1401-1405 (Fontes Rerum Austriacarum III/10/2), Wien-Köln-Weimar 1998; W. Brauneder, Die Entwicklung des bäuerlichen Erbrechts amBeispiel Osterreichs, in: W. Brauneder, Studien II, wie FN21, 357 ff. 242

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