Wilhelm Brauneder Nach einem wenig beachteten Lehrbuch von 195P^ erschien 1976^^ anders, nämlich vor allem föderalistisch orientierte Gesamtdarstellung. Sie nimmt ihren Ausgang von den Ländern und beachtet diese auch weiterhin in ihrem wechselnden Stellenwert neben der zusätzlichen Entwicklungsebene von Personalunionen iiber monarchische Unionen und Staaten bis zumheutigen Bundesstaat. Durchgehende Beachtung finden bier auch die lokalen Gewaken von den Grund- und Stadtherrschaften bis zur heutigen Gemeinde. Diese Bereiche iiberwölbt die Entwicklung eines weiteren Rahmens, nämlich erst das Römisch-deutsche Reich, sodann der Deutsche Bund, die Realunion der Osterreichisch-Ungarischen Monarchie und schliefilich die Europäische Union. Zahlreiche Einzeluntersuchungen haben mittlerweile diese Sicht gefestigt und weiterentwickelt. Fiir friihere Zeiten, das Spatmittelalter und das 16. Jahrhundert, wurde den Landständen ein höherer Stellenwert als immonarch!- schen Staat erwiinscht eingeräumt.33 Besondere Impulse, Korrekturen und Umwertungen erfuhr die Verfassungsgeschichte ab der ersten formellen Verfassung 1848, wobei mit einigen Klischees gebrochen wurde und sich die Entwicklung nunmehr wie folgt darstellt: Nach der Revolution von 1848 befalken sich zwei Gremien mit der Erarbeitung einer neuen Verfassung, der Ministerrat einerseits und ein Ausschufilandtag andererseits. Dieser verstand sich nahezu als provisorisches Parlament, was auch in seinen Verfassungsentwlirfen, einemfur den Gesamtstaat und einem fiir die Länder, seinen Niederschlag fand. Die beiden Entwicklungsstränge liefen schliel^lich zusammen, der Ministerratsentwurf nahmvom Ausschul^landtagsentwurf etliches auf, so daB die bisher meist nach dem Innenminister Pillersdorf benannte Verfassung tatsächlich nicht allein diesem zugeschrieben werden kann. Diese, die Verfassung 1848, zeitigte mehrere Wirkungen, vor allem trat das in ihr vorgesehene Parlament zusammen, womit Osterreich zur konstitutionellen Monarchie wurde. Innert Halbjahresfrist gelang es diesem Parlament einen neuen, modernen Verfassungsentwurf konstitutionellen Zuschnitts zu erstellen, vor allem mit einem fortschrittlichen Grundrechtskatalog. Er allerdings wurde mitursächlich dafiir, dal^ der Kaiser das Parlament auflöste, was konstitutioneller Gepflogenheit entsprach. Allerdings oktroyierte der Monarch im Zusammenhang damit eine neue VerfasOtto Stolz, Grundrili der Osterreichischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, Innsbruck 1951. W. Brauneder, Osterreichische Verfassungsgeschichte, 1. Aufl. Wien 1976, nun 7. Aufl. 1998 (ungar: Osztrik alkotmänytörténet napjainkig, Pécs 1994); ihr folgt sehr deutlich O. Lehner, Osterreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, Linz 1992. W. Brauneder, Die Territorialstrukturen imsiiddeutsch-österreichischen Raum, in: G. Chittolini — D. Willoweit (Hrsg.), Hochmittelalterliche Territorialstrukturen in Deutschland und Italien, Berlin 1996, 31 ff.; W. Brauneder, Der ständische Anteil am Gemeinwesen in den östlichen osterreichischen Bundesländern (Vortrag: 39. Deutscher Historikertag, Hannover, 23.-26. September 1992); J. Pauser, Gravamina ..., wie FN 19, 13 ff. 238
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