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Die RECHTSHISTORISCHE FORSCHUNG IN OSTERREICH 237 Im Gegensatz zum Privatrecht sind alle diese Materien typische Ausfliisse staatlichen Handelns, der Gesetzgebungstätigkeit der einzelnen Staaten und damit ohne eine Ergänzung oder Ruckkoppelung an ein ius commune mit transstaatlichem Charakter. Die imBereich des Justizrechts vorhandene „Verstaatlichung“ des Rechts tritt somit hier im Bereich des Offentlichen Rechts wesentlich stärker zu Tage. 2. Verwaltungsrecht Bald’*^ nach 1850 wandelt sich die bisherige „Verwaltungsgesetzkunde“ durch eine vermehrte wissenschaftliche Bearbeitung zum „Verwaltungsrecht" als einer weiteren, neuen wissenschaftlichen Disziplin neben den traditionellen des Privat- und Strafrechts. Vorerst sind es diese beiden Disziplinen, an welche die junge Verwaltungsrechtswissenschaft ankniipft und sowohl in Methode als auch Inhalten Anleihen nimmt. Gerade aber diese Anleihen zeigen ziemlich bald, dal? das Verwaltungsrecht als eigenständiger und spezifischer Teil der Rechtsordnung nach eigenen Methoden und Inhalten verlangt, dal? die Anleihen etwa aus dem Zivilrecht nicht passend und zielfiihrend sind. Das Verwaltungsrecht entwickelt daher alsbald eigcne Methoden und Institutionen — der Deutsche Juristentag anerkennt es 1906 als eigenständige Teildisziplin. In Österreich wird die Entwicklung des Verwaltungsrechts aul?er von der Idee des Rechtsstaates von der mit der Verfassung 1867 grundgelegten Verwaltungsgcrichtsbarkeit durch den Verwaltungsgerichtshof gefördert. Eigene Fachzeitschriften, Gesamtdarstellungen und Monographien formen und offenbarcn das Verwaltungsrecht als Wissenschaftsdisziplin und selbständigen Teil der Rechtsordnung. Dieser Profilierung geben die Verwaltungsverfahrensgesetze 1925 deshalb einen besonderen Akzent, da in anderen Staaten bis dahin nicht einmal eine derartige Teilkodifikation des Verwaltungsrechts gegliickt war. 3. Verfassungsrecht Lange Zeit, und zwar noch Jahrzehnte nach 1945, beherrschte die Darstellung der östcrrcichischen Verfassungsgeschichte die Sicht einer nahezu allein durch die Habsburgerdynastie betriebenen Entwicklung sowie die des Einheitsstaates der österreichischen Monarchic von vor 1918.^° Diese Betrachtung vernachlässigte vor allem die Länder, und zwar ihre eigenständige Entwicklung ebenso wie ihre Bedeutung fur die gesamtstaatliche Verfassungsgestaltung etwa in denJahren 1848, 1918 und 1945. ZumFolgenden W. Brauneder, wie FN 15. E. C. Hcllbling, Osterreichischc Verfassungs- und Verwaltungsgcschichte, Wien 1956, 2. Aufl. 1974.

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