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Die RECHTSHISTORISCHE FORSCHUNG IN OsTERREICH 233 ausbildung24 und die Vereinigungen.--'’ Insgesamt bietct sich nun das nachfolgende Bild.-^’ Die mittclalterliche Privatrechtsordnung ist wie auch anderswo in Europa, vor allem ebenso wie in den iibrigen Territorien des Römisch-deutschen Reiches, iiberwiegend eine Gewohnheitsrechtsordnung. Dieses Gewohnheitsrecht verteilt sich aut Rechtskreise wie etwa Land-, Stadt-, Lehen- oder bäuerliches Fiofrecht, was aber nicht bedeutet, daft dieses Recht deshalb inhaltlich zersplittert ware. Das sowohl örtliche Naheverhältnis, zumTeil das Ineinanderverwobensein der Rechtskreise sowie deren feudale Verkniipfung fiihren zu Identitäten oder zumindest Ahnlichkeiten. Das Privatrecht wird besonders stark von der rechtsgeschäftlichen Ubung geprägt. Dieses Vertragsrecht ist in einemhohen Mafte typisiert, so daft die Vertragsabfassung wie auch die immer präziser werdenden Eintragungen in Stadtbiicher, Grundbiicher, Testamentenbiicher etc. zu ciner rechtssprachlichen Verfestigung und schlieftlich Begriffsbildung fiihren. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten auch die Rechtsbiicher wie etwa fur Österreich der sogenannte Schwabenspiegel oder Stadtbzw. Landrechtsbucher etwa Wiens bzw. Osterreichs und der Steierniark. Beeinfluftt von der in Oberitalien entstandenen Legistik und Kanonistik entwickelt sich auch eine heimische Rechtswissenschaft in Kloster- und Domschulen, wo neben anderen Gegenständen auch Recht unterrichtet und rechtswissenschaftliche Literatur produziert wird. Der Rechtsunterricht betrifft hauptsächlich das Kanonische Recht und anfänglich erst in seinem Gefolge auch Römisches Recht. Zu diesen Lehr- und Forschungsstätten treten sodann, beginnend mit den Universitäten Prag 1348 und Wien 1365, die rechtswissenschaftlichen Fakultaten. Heimisches Recht und gelehrtes Recht stehen nicht beziehungslos nebeneinander. In das erstere fliel^en zusehends Ergebnisse des Kant^nischen oder Römischen Rechtes ein: so etwa in die Urkundensprache, in die Terminologie der zuvor erwähnten Rechtsgeschäftsbucher, selbst in die Rechtsbiicher. Dicse, insbesondere der Sachsenspiegel, erfahren iiberdies eine Bearbeitung durch Glossierungen ähnlich den Quellen des Römischen und des Kanonischen Rechtes. Deren Behandlung und Darstellung wieder nehmen zumTeil auf die heimischen Gewohnheiten Bezug. Eine wesentliche Vermittlerrolle spielen jene Kanonisten und zunehmend auch Legisten, die als Fiirstenberater, päpst- -•* E. Berger, Das Studium der Staatswissenschaften in Österreich, in: ZNR 1998, 177 ft. W. Brauncder, Leseverein (vvie EN 21); W. Brauncder, Die Selbstorganisation des Juristenstandcs in Deutschland und Österreich, in: \\'. Brauneder, Studien II, wie FN21,93 ff. Dazu aulser der zuvor genanntcn Literatur im Uherblick U. Eloi^mann, Östcrreichischc Privatrechtsgeschichte, 3. Auflage Wien 1996; W. Brauncder, Kozep-Europa Ujabh Maganjogtörtenete, Budapest 1995 (ungar.: Neucrc Privatrechtsgeschichte Mitteleuropas); W. Braunedcr, Europäischcs Privatrecht - aber was ist cs? (Anmerkungen zu Going und Zimmermann), in: ZNR 1993, 225 If.; W. Braunedcr, Studicn 11, wie EN21.

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