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Michael Stcllhis 176 der Schwund des Latein wird sukzessive den Zugang zu den älteren Reehtskulturen versperren. Ftir Deutschland gibt es diistere Prognosen, nach denen die romanistischen Lehrstiihle im Laufe der nachsten 20 Jahre mehr oder weniger verschwinden werden. Ubersetzungsunternehmen (Corpus luris Civilis'^^, Bibliothek des Deutschen Staatsdenkens-*^) werden diese Bewegung nicht wirklich aufhalten können. Länderspczifische Schwierigkeiten kommen hinzu. In „kleinen“ Ländern (Dänemak, Norwegen, Island) gibt es naturgemäb nur wenige Lchrsttihle fur Rechtsgeschichte, also auch keinen wirklich breiten nationalcn „Markt“ fur den wissenschaftlichen Nachwuchs. In Schweden beispielsweise gibt es Rechtshistoriker vor allem in Uppsala, Lund und Stockholm, aber auch in Linköping, Göteborg, Umeå und Luleå. Aber die Kräfte der Rcchtssoziologie und Rechtstheorie scheinen auch in Schweden stärker zu semals die dcr genuinen „historischen“ Rechtsgeschichte-'^. In Finnland sieht die Lage dank der Energien der in Helsinki und in Turku tätigen Historiker und Rechtshistoriker sehr giinstig aus, und dies strahlt aus auf den gesamtcn baltischcn Raum-’h Besonders schwierig sind diese Fragen nattirlich fur die Staaten des fruheren Östblocks zu beantworten. GewiB haben Polen, Ungarn sowic die tschechische und slowakische Republik ihre mehr oder weniger habsburgisch inspiricrten Modelle behalten oder wieder erneuert, aber die jahrzehntelangen Unterbrechungen der wissenschaftlichen Kontakte und die ökonomischcn Schwierigkeiten haben doch tiefe Spuren hinterlassen. Die Regeneration braucht Zeit und Geduld, nicht nur wegen der alten Sprachen, sondcrn mehr noch wegen der nur langsam gelingenden Oberzcugungsarbeit bci Regierungen. Ministern, Universitätspräsidenten und Kollegen, daB eineJuristenausbildung ohne Rechtsgeschichte nicht wirklich „wissenschaftlich“ genannt werden kann und daB sie kulturell eine Barbarei darstellt. Fiir die zuletzt genannten Probleme gibt es wohl nur ein wirkliches Gegenmittel: enge Kooperation und Austausch jungerer Wissenschaftler sowie die Nutzung der europäischen Ressourcen fur solchen Austausch. Der urspriinglich aus einer deutsch-deutschen Initiative entstandene Rechtshistorikertag der jiingeren Nachwuchskräfte ist nach Tagungen in Frankfurt, Halle, Berlin und Graz dabei, sich zu einemeuropäischen Forumder „Jungeren“ zu entwickeln. Gleichzeitig ist 1997 in Frankfurt ein jährlicher „Sommerkurs fur europäische O. Behrcnds, R. Kniitel, B. Kupisch, H. H. Seiler^ Corpus luris Civilis. Text und Ubersetzung, I Institutionen, 2. Aufl. Heidelberg 1997; II Digesten 1-10, Heidelberg 1995, dort S. XXVt. ein Verzeichnis anderer Ubersetzungen. H. Maicr — M. Stollcis (Hg.), Bibliotbek des Dcutschen Staatsdenkens, Frankfurt 1994 ft. mit Erstubersetzungen von Conrtng, Heineccius, Achenn'all-Putter, Peter von Andlau, Besold u.a. 30 Vgl. hierzu die Berichte Ditlcv Tamm, Kjell Åke Modéer, RolfNygren und Claes Peterson in diesemBand. Hierzu Lars Björne in diesem Band.

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